Google:Android-Manager wechselt zu chinesischem Start-up

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Android-Manager Hugo Barra (Foto: dpa)

Google-Manager Hugo Barra zieht es nach China. Der Android-Manager verstärkt das rasant wachsende chinesische Start-up Xiaomi. Das Unternehmen will sich mit aggressivem Marketing durchsetzen und wird bereits mit zehn Milliarden Dollar bewertet.

Von Paul Mozur, Wall Street Journal Deutschland

Googles Android-Manager Hugo Barra zieht es nach China. Der Vice President von Google wird zu Xiaomi wechseln - ein im Westen noch kaum bekanntes chinesisches Smartphone-Start-up. Der Wechsel macht den wachsenden Einfluss chinesischer Hersteller auf dem Smartphone-Markt deutlich.

Hugo Barra soll Xiaomi helfen, das internationale Geschäft zu entwickeln, und wird für die strategische Kooperation mit Google verantwortlich sein, teilte das US-Unternehmen am Donnerstag mit. Das Start-up aus Peking ist in dem weltweit größten Smartphone-Markt schnell gewachsen, indem es Spitzenhardware zu niedrigen Preisen anbietet. Typischerweise kosten die Smartphones von Xiaomi weniger als 250 Euro, das jüngste wird für umgerechnet nur 100 Euro verkauft.

Anders als andere chinesische Smartphone-Hersteller wie Huawei Technologies und Yulong, die Smartphones unter der Marke Coolpad verkaufen, hat Xiaomi durch aggressives Marketing hohe Wellen geschlagen. Als das Unternehmen 2011 die ersten Smartphones vorstellte, begrenzte es den Online-Verkauf, wodurch sie schnell ausverkauft waren. Mit Hilfe von einer Menge Hype bei Produktveröffentlichungen heizte Mitgründer und Investor Lei Jung das Interesse an den Geräten an.

Geschäftsmodell Accessoires

Weil Xiaomi durch die Hardware-Verkäufe selbst kaum Geld verdient, dreht sich das Geschäftsmodell um Software, Dienstleistungen und Zubehör. Das Start-up setzt vor allem auf den Online-Verkauf von Zubehör wie bunten Akkus und Schutzhüllen, Hüten oder Puppen des Firmenmaskottchens - einem Häschen.

Zudem bietet das Unternehmen eine Set-Top-Box an, die lizenzierte Inhalte über das Internet auf den Fernseher streamt. Das Gerät nutzt Googles mobiles Betriebssystem Android und arbeitet daher mit Smartphones zusammen, auf denen Android ebenfalls eingesetzt wird.

Das Unternehmen wurde vor erst drei Jahren von dem prominenten chinesischen Investor Lei und dem ehemaligen Google-Mitarbeiter Lin Bin gegründet und konnte rasant wachsen. 2012 konnte Xiaomi 7 Millionen Mobiltelefone absetzen und setzte 12,65 Milliarden Yuan (rund 1,56 Milliarden Euro) um. Es war erst das zweite Jahr, in dem das Unternehmen Smartphones verkaufte. 2013 konnte das Unternehmen dieselbe Zahl an Geräten nach eigenen Angaben bereits in der ersten Jahreshälfte absetzen - insgesamt peilt Xiaomi 20 Millionen an.

Fast so viel wert wie Lenovo

Der Erfolg hat das Interesse von Investoren geweckt. Vergangene Woche bestätigte Xiaomi die jüngste Finanzierungsrunde, die das Unternehmen mit zehn Milliarden Dollar bewertete - fast so viel wie die Marktkapitalisierung des chinesischen Computer-Giganten Lenovo Group. Einige Analysten wundern sich über diese Bewertung und verweisen auf die nicht vorhandenen Margen beim Hardwareverkauf und die starke Preiskonkurrenz im chinesischen Markt. Sie könnte es schwierig machen, die großen rasant wachsenden Umsätze in den kommenden Jahren auch in große Gewinne umzumünzen.

Die Anstellung von Google-Manager Barra zeigt, dass Xiaomi Ambitionen hat, auch außerhalb Chinas zu wachsen. Im April wagte das Unternehmen den ersten Vorstoß außerhalb des chinesischen Festlands und verkauft seit dem die Telefone auch in Taiwan und Hongkong. In der Pressemeldung anlässlich der Einstellung von Barra kündigte das Unternehmen an, dass nach der Verstärkung des Teams durch Barra es nun möglich sei, dass Xiaomi das internationale Geschäftsfeld ausweite.

Barra ist bereits der zweite scheidende Android-Manager in kurzer Zeit

In einem auf Google+ veröffentlichten Statement schrieb Barra: "Ich verstärke das Xiaomi-Team in China, um ihnen zu helfen ihr unglaubliches Produktportfolio und ihr Geschäft weltweit auszuweiten [...] Ich freue mich wirklich auf diese Herausforderung und bin insbesondere von der Chance begeistert, dabei zu helfen, das Android-Ökosystem weiterzuentwickeln."

Am Donnerstag bestätigte ein Google-Sprecher den Abgang von Barra. "Wir wünschen Hugo Barra das Beste. Wir werden ihn bei Google vermissen und wir sind begeistert, dass er Teil des Android-Ökosystems bleibt." Barras Abgang kommt nur Monate nachdem dem Rücktritt von Andy Ruin, der bis März Chefentwickler des Android-Betriebssystems bei Google war.

Im zweiten Quartal kam Xiaomi auf einen Marktanteil von fünf Prozent in Chinas Smartphone-Markt, schätzt der Marktforscher Canalys. Apple kam der Schätzung zufolge im selben Zeitraum ebenfalls auf fünf Prozent Marktanteil in China, Lenovo erreichte zwölf Prozent. Der größte Hersteller auf dem chinesischen Markt war Samsung Electronics mit einem Marktanteil von 18 Prozent.

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