Wissenschafts-Verlag nimmt Publikation vom Markt:Jura-Lehrbuch strotzt vor Plagiaten

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Ein Münsteraner Rechts-Professor gibt ein Buch heraus, mit dem er seinen Studenten sauberes wissenschaftliches Arbeiten vermitteln will. Doch kurz nach der Publikation muss das Werk schon wieder vom Markt.

Zum ersten Mal trifft es keine Doktorarbeit, sondern ein Lehrbuch. Ein rechtswissenschaftliches Lehrbuch. Die Plagiatsjäger von VroniPlag haben in der Monographie "Juristische Arbeitstechniken und Methoden" auf vielen der knapp 200 Seiten Plagiate gefunden.

Schavans Doktorarbeit
:Werke im Vergleich

Hier dokumentiert SZ.de eine Auswahl der Plagiatsvorwürfe der Universität Düsseldorf gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Die Gegenüberstellung von Dissertation und Originalquelle beruht auf dem internen Untersuchungsbericht der Philosophischen Fakultät von Professor Stefan Rohrbacher. Der Judaistik-Professor kommt auf insgesamt 60 fehlerhafte Seiten in der 351 Seiten umfassenden Dissertation und legt damit weniger strenge Maßstäbe an als die Plagiatesucher von Schavanplag, die 92 Seiten bemängeln.

Der Verlag Nomos hat das Lehrbuch, mit dem angehenden Rechtswissenschaftlern erklärt werden sollte, wie korrektes wissenschaftliches Arbeiten geht, vom Markt genommen. Das Buch war erst in diesem Jahr veröffentlicht worden und ist nun nicht mehr erhältlich.

Die Autoren haben nicht sauber gearbeitet, wie es auf den Seiten von VroniPlag heißt. So gebe es "zahlreiche, zumeist wörtlich Übernahmen aus verschiedenen Wikipedia-Artikeln, die als Quelle aber nirgends referenziert sind". Auch seien aus unterschiedlichen frei zugänglichen Büchern ganze Textpassagen übernommen worden. Auf etwa einem Drittel der Seiten befinden sich den Plagiatssuchern zufolge Textstellen, die nicht als Übernahmen kenntlich gemacht wurden.

Der Münsteraner Jura-Professor Bernd Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, sowie zwei seiner Mitarbeiter haben das Buch verfasst - aber offenbar nicht nur die drei allein. "Da zu dem Manuskript verschiedene Mitarbeiter unseres Instituts Beiträge geleistet haben, können wir derzeit die Richtigkeit der Vorwürfe noch nicht im Einzelnen verifizieren", schrieb Holznagel in einer Stellungnahme. Er kündigte eine interne Untersuchung im Institut an und entschuldigte sich bei den Autoren, "deren Werke nicht korrekt zitiert wurden".

Nach der Prüfung des Lehrbuches gab Holznagel eine zweite Stellungnahme heraus. In dieser heißt es, "die Mängel des Manuskripts sollen weder beschönigt noch entschuldigt werden". Wie bereits im ersten Kommentar unterschied der Rechts-Professor zwischen einer wissenschaftlichen Publikation und der praktischen Arbeitsanleitung, die dieses Buch für angehende Juristen sein soll. "Dennoch ist festzuhalten, dass ein Studienbuch nicht den Anspruch einer originären wissenschaftlichen Publikation erheben kann und soll. Das Buch hätte eine Lernhilfe für Anfangssemester sein sollen und enthält eine Zusammenstellung der juristischen Argumentationsmethoden, die seit Jahrzehnten von den Studierenden der Rechtswissenschaft eingeübt werden müssen, anhand von praktischen Beispielen", so Holznagel in seiner zweiten Stellungnahme. In der ersten stellte er dennoch klar: Plagiate seien grundsätzlich nicht hinnehmbar.

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