Studenten:Förder-Flop

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Rekord: Fast 2,9 Millionen Studenten hat Deutschland zurzeit. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Mit der Bafög-Reform kam etwas Ruhe in den Streit um das Deutschland-Stipendium: Doch nun ist die Debatte über das Bundesprogramm wieder eröffnet.

Von Johann Osel

Die Quote, sie will einfach nicht wachsen. 0,84 Prozent - klingt dürftig. Noch immer erhalten damit weniger als ein Prozent aller Studenten das "Deutschland-Stipendium", mit dem der Bund besonders begabte oder engagierte Hochschüler fördert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plädiert daher jetzt dafür, das 2011 noch unter Schwarz-Gelb eingeführte Programm wieder abzuschaffen. "Die Regierung sollte einen Schlussstrich unter das Programm ziehen", sagte DGB-Bildungsexperte Matthias Anbuhl, selbst Mitglied im Beirat des Stipendienprogramms, der Deutschen Presse-Agentur. Die Mittel sollten ins Bafög fließen, "das für die Studierenden eine verlässliche Studienfinanzierung sichert".

Zuletzt schien die Debatte über das Stipendium etwas abgeflaut zu sein; Grund war die Bafög-Reform von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die ein kräftiges Plus vorsieht. Auch wenn der Anstieg um sieben Prozent erst 2016 greift, hatte sie damit manchen Kritikern durchaus Wind aus den Segeln genommen. Schließlich geißeln diese das Besten-Programm für gewöhnlich als "Elite-Bonus" für ohnehin Privilegierte und als Konkurrenz zum Jahrzehnte bewährten Bafög.

Anlass für den Zwischenruf des DGB sind nun Zahlen, die das Ministerium zuvor präsentiert hatte. Im vergangenen Jahr sind 22 500 Studenten per Stipendium gefördert worden. 2014 haben die Hochschulen somit 14 Prozent mehr Stipendien vergeben als im Vorjahr - was dennoch einer mickrigen Gesamtquote entspricht. Mit 300 Euro im Monat werden bei dem Stipendium junge Leute unabhängig vom Einkommen der Eltern gefördert. Die Hälfte zahlt der Bund, die andere müssen Hochschulen bei Firmen, Stiftungen oder sonstigen Gönnern anwerben. Nur wenn der private Anteil steht, fließt Geld aus Berlin. Die Hochschulen wählen Kandidaten selbst aus, anhand von Noten oder zum Beispiel Ehrenamt. Viele Unis haben allerdings Probleme bei der Akquise privater Geldgeber.

Ursprünglich sollten acht Prozent aller Studenten ein Stipendium bekommen, so plante es die Koalition, danach wurde die Zielquote auf zwei Prozent gedimmt. Mit einem Prozent sei der Stand der Dinge, so DGB-Experte Anbuhl, "Lichtjahre entfernt von der ursprünglich anvisierten Zielmarke von acht Prozent", und selbst die reduzierte Marke "liegt in weiter Ferne".

"Es ist eine neue Förderkultur entstanden", betonte dagegen Wanka. "Jedes Stipendium ist eine Anerkennung von Leistung durch Gesellschaft und Staat." Seit dem Start seien von privater Seite 61 Millionen Euro geflossen. So würden regionale Netzwerke zwischen Hochschulen, Unternehmen und gesellschaftlichen Akteuren wie Ehemaligen gestärkt.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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