Zeugnis für Otmar Bernhard:Voll auf Linie

Lesezeit: 3 min

Versetzung gefährdet: Auch unter Ressortchef Otmar Bernhard ist Umweltpolitik für die CSU-Regierung nicht bedeutsamer geworden.

Christian Sebald

Das Aufatmen der Mitarbeiter im Umwelt- und Verbraucherschutzministerium war auch für Außenstehende vernehmbar, als der Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard zum neuen Chef des Hauses am Rosenkavalierplatz 2 berufen wurde. Als Staatssekretär hatte er zuvor bereits zwei Jahre an der Seite seines Amtsvorgängers Werner Schnappauf gearbeitet.

Die Versetzung steht für Umweltminister Otmar Bernhard nach dieser Legislaturperiode auf dem Spiel. (Foto: Foto: AP)

Der ruhige und bedächtige Bernhard war das klare Kontrastprogramm zu dem hibbeligen Oberfranken Schnappauf, der mit seinem Aktionismus nicht nur vielen Mitarbeitern seines Hauses, sondern auch Journalisten und CSU-Kollegen auf den Nerv gegangen war.

Vor allem die zahlreichen Gammelfleischskandale, bei denen Schnappauf mehr mit flotten Sprüchen als mit hartem Durchgreifen auffiel, hatten das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Verbraucherschutzministerium ziemlich schwinden lassen.

Mit dem neuen Minister Bernhard, der sich unaufgeregt der Sachfragen angenommen hat, ist nun wieder eine normale Arbeitsatmosphäre in dem Haus eingekehrt. Mitarbeiter und Abteilungsleiter sind voll des Lobes über einen Chef, der auch zuhören könne.

Selbst der politische Gegner hat kein Problem damit, Positives über den Minister zu sagen. "Er hat sich sehr ernsthaft in die Umweltpolitik eingearbeitet, er weiß sehr wohl, wo es hakt, und ist einer der wenigen in der CSU, der auch Defizite eingestehen kann", sagt die grüne Umweltpolitikerin Ruth Paulig.

Das sieht Hubert Weiger, der streitbare Chef des Bundes Naturschutz, nicht viel anders. "Bernhard verspricht zwar lieber etwas weniger", sagt Weiger, "aber wenn er etwas zusagt, dann setzt er sich sehr ernsthaft dafür ein. Das war nicht bei jedem Umweltminister so."

So sehr Bernhard das Lob seiner politischen Gegner freuen dürfte, so wenig würde sich das der 61 Jahre alte Jurist aus München anmerken lassen. Dazu ist er zu zurückhaltend. BN-Chef Weiger sieht sogar die "Position des Naturschutzes insgesamt gestärkt", seit Bernhard Umweltminister ist.

Als Beispiel nennt er die "Hartnäckigkeit, mit der Bernhard die neue Artenschutzstrategie des Freistaats gegen den massiven Widerstand des Bauernverbands durchgesetzt hat".

Doch das Lob für den Umweltminister und dessen Amtsführung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Umweltpolitik für die Staatsregierung und die CSU weiterhin nur einen nachrangigen Stellenwert hat. Und daher wird sich an den zentralen Konfliktfeldern so bald nichts ändern.

Im Gegenteil: In der Energiepolitik gewinnt man den Eindruck, manch einer in der CSU kämpfe nicht mehr nur für den Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernkraft, sondern wolle möglichst rasch neue Atommeiler bauen. In der Verkehrspolitik bringt die Staatsregierung durch ihr stures Festhalten an der Isental-Trasse der A94, dem Ausbau der letzten 70 unverbauten Flusskilometer der Donau zwischen Straubing und Vilshofen und der Errichtung einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen ganze Regionen gegen sich auf.

Und wann immer ein Unternehmen - egal ob klein oder groß - bauen will, es kann sicher sein, dass es das darf, selbst wenn dafür etliche Hektar Bannwald fallen müssen oder wenn in direkter Nachbarschaft große Gewerbeflächen ungenutzt brachliegen.

Die Folge: Der Flächenverbrauch im Freistaat ist mit fast 21 Hektar am Tag einer der höchsten in ganz Deutschland. Bei diesen Themen reiht sich Umweltminister Bernhard brav in die Regierungsphalanx ein und geht jedem Konflikt mit dem Ministerpräsidenten oder der Wirtschafts- und Verkehrsministerin aus dem Weg.

Seit 24 Jahren angemahnt

Selbst Aktionsprogramme wie das Klimaschutzprogramm 2020 halten nur bedingt, was sie versprechen. Zwar stimmt es, wenn Bernhard rühmt, dass ihn Ministerkollegen in anderen Bundesländern um die 350 Millionen Euro beneiden, die in seinem Rahmen binnen vier Jahren in den Klimaschutz fließen sollen.

Aber zugleich verschweigt er, dass die Staatsregierung mit einem großen Teil davon die überfällige energetische Sanierung der Staatsgebäude beginnt, die der Oberste Rechnungshof erstmals vor mittlerweile fast 24 Jahren eingefordert hat.

Die Kritik an seiner Umweltpolitik nimmt Bernhard mit großer Gelassenheit. "Die Umweltverbände sind die obersten Lobbyisten der Natur, die sind ausschließlich Anwalt der Umwelt", sagt er. Der staatliche Umweltschutz hingegen müsse den Ausgleich mit anderen Interessen, also denen der Wirtschaft, des Verkehrs und der Energieversorgung, im Blick haben. "Und diesen Ausgleich hinzukriegen, sodass alle Interessen ihr Recht bekommen", sagt Bernhard, "das ist die wirkliche Herausforderung."

© SZ vom 12.9.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: