Wahlkampf der CSU:Kreuzzug gegen die eigene Angst

Lesezeit: 2 min

Mit der Verteufelung der Linken zeigt die CSU, wie sehr sie den Verlust ihrer Mehrheit fürchtet. Die Partei zimmert sich einen imaginären Feind - und könnte ihrer eigenen Phantom-Kampagne zum Opfer fallen.

A. Ramelsberger

Es gibt ein altes Sprichwort, das nicht nur den Seelenzustand von Menschen beschreibt, sondern auch die Stimmung in Parteien. "Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über", heißt es und ein idealtypisches Beispiel dafür ist derzeit die CSU und ihr Führungspersonal. CSU-Chef Erwin Huber spricht von der "Hölle", die die Kirche ihren Gläubigen immer gepredigt habe und damit jahrhundertelang gut gefahren sei.

Die CSU zimmert sich einen imaginären Feind. Die Linken haben in Wirklichkeit in Bayern keine Chance, aber sie passen ganz wunderbar in den Angstmacher-Wahlkampf der CSU. (Foto: Foto: dpa)

Es muss eine Höllenangst sein, die die CSU zu solchen Vergleichen greifen lässt. Die Parteioberen sprechen vom Chaos, das ohne ihre absolute Mehrheit in Bayern ausbrechen werde. Huber will in einen "Kreuzzug" gegen die Linke ziehen, die angeblich den Freistaat Bayern bedroht.

Ein Sinnbild für das zu erwartende Chaos

Die CSU zimmert sich einen imaginären Feind. Die Linken haben in Wirklichkeit in Bayern keine Chance, aber sie passen ganz wunderbar in den Angstmacher-Wahlkampf der CSU. Vor allem, wenn man mit den Linken auch gleich noch alle anderen Oppositionsparteien in einen Topf werfen kann. Die SPD sowieso, die sich - so Huber - ohne Selbstachtung der Linken an den Hals wirft, die Grünen, die in den Augen der CSU für die "Entchristianisierung Bayerns" steht und die Freien Wähler, die mal eben als Hilfstruppen der SPD abgekanzelt werden. Ungeschickt ist das nicht.

Die CSU nützt die Fehler der Opposition kühl aus. Die Grünen - offensichtlich ohne Sinn für die spezielle Seele Bayerns - wollen per Parteitagsbeschluss Kreuze und Ordenstrachten aus den Schulen verbannen. Die SPD phantasiert nach Jahrzehnten in der Opposition von einer "Viererkoalition" gegen die CSU.

Diese Koalition wird es nie geben, aber die CSU nutzt sie als Sinnbild für das zu erwartende Chaos. Von "Viererbande" hat CSU-Chef Huber schon öffentlich gesprochen und er trifft damit eine Stimmung in der Bevölkerung: Selbst Bürger, die finden, dass die seit 50 Jahren regierende CSU endlich ein Korrektiv bräuchte, wollen zu viele Kleinparteien nun auch wieder nicht an der Regierung haben.

Nun sind wieder die Lautsprecher an

Nach der Kommunalwahl im März war die CSU auf einem guten Weg, die Wähler für sich zurückzugewinnen. Sie spielte den bayerischen Robin Hood, der den Bürgern das Leben leichter machen und die Unbill aus Berlin abwenden wollte: Sie kämpft seither für die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale, will Belastungen durch eine höhere LKW-Maut verschieben, die Steuer verringern und hat den bayerischen Hausärzten auch gleich noch ein Verhandlungsmonopol mit den Kassen zugeschanzt.

Sie hat ein Füllhorn ausgeschüttet über dem Land, von den Schulen, über die Blasmusiker bis zu den Beamten. Gleichzeitig legte sie das Büßergewand an und predigte wie weiland Gerhard Schröder: "Wir haben verstanden." Ministerpräsident Günther Beckstein trat mit dem Slogan "B wie Bescheidenheit" auf. Doch weil das alles nicht fruchtete, sind nun wieder die Lautsprecher angestellt.

Das Rechthaberische der CSU stößt die Menschen ab

Damit kann die CSU vielleicht die Stammklientel beeindrucken. Die Bürger allerdings, die schwanken, ob sie doch noch einmal die CSU wählen sollen oder ob es nun endlich reicht, die wird sie verprellen. Denn mit eingebildeter Linken-Angst sind die Defizite der bayerischen Politik nicht zu überdecken. Immer mehr Eltern spüren, dass das nur auf Leistung getrimmte Schulsystem ihre Kinder früh aussondert statt sie zu fördern.

Viele erkennen, dass Großprojekte wie die Autobahntrasse durch das Isental nur durchgepeitscht werden, um Recht zu behalten - obwohl es andere, bessere Varianten gibt. Es ist das Rechthaberische an der CSU, das die Menschen abstößt. Wenn Erwin Huber nun vom Kreuzzug gegen die Linken aufruft, dann könnte am Ende die CSU selbst zum Opfer dieser Phantom-Kampagne werden. Denn die Bürger fürchten nicht den Untergang des christlichen Abendlands. Sie spüren vielmehr, dass die CSU die Angst vor dem Untergang ihrer absoluten Mehrheit umtreibt.

© SZ vom 26.08.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: