Wahl des evangelischen Landesbischofs:Rufe mich!

Lesezeit: 2 min

Die Wahl des evangelischen Landesbischofs erfolgt in größtmöglicher Zurückhaltung: Es gibt weder einen offenen Wahlkampf noch Bewerbungsreden.

M. Drobinski und M. Maier-Albang

Evangelischer Landesbischof zu werden kann eine Qual sein. Man muss dasitzen und lächeln, Wahlgang um Wahlgang. Muss ein bisschen demütig wirken und doch selbstbewusst, während die anderen über einen entscheiden, im Geiste der Geschwisterlichkeit, selbstverständlich. Wahrscheinlich wird es am Montag in der Münchner Matthäuskirche viele Stunden dauern, bis die bayerische Landeskirche einen neuen Bischof hat - oder erstmals eine Bischöfin.

In der Matthäuskirche am Sendlinger Tor in München wird am Montag der Nochfolger des evangelischen Landesbischofs Johannes Friedrich gewählt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Zur Wahl stehen Susanne Breit-Keßler, die Regionalbischöfin von München und Oberbayern, Helmut Völkel, der Personalchef der Landeskirche, und Heinrich Bedford-Strohm, Theologieprofessor in Bamberg. 1999 brauchte die Synode der evangelischen Landeskirche in Bayern sieben Stunden und fünf Wahlgänge, dann war der Nürnberger Dekan Johannes Friedrich zum Landesbischof gewählt.

Es geht noch schlimmer: 1993 blockierten sich in Württemberg die zerstrittenen Kirchenparlamentarier über Tage hinweg, nach 16 ergebnislosen Wahlgängen gab der letzte der vier Kandidaten entnervt auf, es gab Wutausbrüche und Tränen. Das immerhin verhindert die bayerische Ordnung: Nach sechs Wahlgängen muss die Synode neue Kandidaten finden.

Theologisch gesehen ist der Bischof nicht mehr als ein Pfarrer mit Sonderaufgaben, der am Ende seiner maximal zwölfjährigen Amtszeit wieder einfacher Pfarrer sein wird. Tatsächlich aber ist der Landesbischof einer der wichtigsten und auch mächtigen Menschen in Bayern, im evangelischen Deutschland. Er repräsentiert 2,6 Millionen Protestanten und steht der drittgrößten deutschen Landeskirche vor, er hat, so will es die Kirchenordnung, dafür zu sorgen, dass das Wort Gottes "schrift- und bekenntnismäßig" verkündet wird, er nimmt politisch Stellung, seine Kirche ist einer der größten Arbeitgeber Bayerns.

Wer aber dieser wichtige Mensch sein wird, erscheint auch kurz vor der Synode als völlig offen. 105 Mitglieder hat das Kirchenparlament, es hat einen progressiven Flügel, dem 45 Synodale zuneigen, einen konservativen und einen mittleren mit je 30 Sympathisanten. Doch keiner der drei Kreise hat einen erklärten Favoriten, keiner hat einen für unwählbar erklärt.

Susanne Breit-Keßler ist bekannt und profiliert, sie strebt erkennbar schon länger das Amt an. In der Politik wäre dieser Ehrgeiz ein Vorteil, in der Kirche schätzt man das nicht unbedingt. Völkel ist ein angesehener Personalreferent, viele vom konservativen Flügel der Synode favorisieren ihn; andere bemängeln, dass er bislang öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist. Bedford-Strohm, der ausgewiesene Sozialethiker, der kaum Erfahrung in Personalführung hat, ist erst seit 2008 Mitglied der Synode, was genauso zum Nachteil werden kann wie zum Vorteil, wenn die Synode jemanden sucht, der unbelastet von Konflikten von außen kommt.

Der Wahlausgang ist auch deshalb schwer einzuschätzen, weil die Kandidaten vor der Wahl nicht öffentlich gegeneinander angetreten sind (wie es in Berlin war), es wird keine Wahlreden vor den Synodalen geben (wie die nordelbische Kirche das gemacht hat), auch keine öffentliche Personaldiskussion. Ein Bischof soll nicht für sich werben wie ein Politiker, lautet der Gedanke hinter diesen Regelungen, die der Kirchenparlamentarier Günther Beckstein verteidigt. Eine öffentliche Personaldebatte würde die unterlegenen Kandidaten beschädigen, sagt er. Wobei allein die Tatsache, dass jemand aufgestellt wird, als Respektsbekundung gilt.

Denn bewerben kann sich für diese Amt niemand - man wird angefragt. Allerdings lässt dieses Verfahren Raum für Mauschelrunden und wenig durchsichtige Absprachen. Immerhin haben sich die Kandidaten mit den Synoden-Gruppen zweimal je eine Stunde getroffen. Das Patt scheint aber geblieben sein: "Da ist noch nichts entschieden", sagt ein Insider.

© SZ vom 02.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: