Unrettbar morsch:Trauer um die Weide

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Die Trauerweide in der Ortsmitte von Schwanfeld ist unrettbar morsch. (Foto: Stefanie Schoene)

In Schwanfeld muss ein 100 Jahre alter Baum gefällt werden

Von Olaf Przybilla, Schwanfeld

Richard Köth hätte gut und gern darauf verzichten können, was dem Dorf jetzt bevorsteht. Der Bürgermeister von Schwanfeld hat sich kürzlich mit einem 85-Jährigen unterhalten, der im Ort aufgewachsen ist. Der hat ihm erzählt, dass er die Trauerweide in der Ortsmitte, die heute Adenauerplatz heißt, schon kennt und liebt, seit er ein Bub ist. Unter dieser Weide sind vier Generationen von Schwanfeldern großgeworden. Die Landschaft ist reizvoll im Landkreis Schweinfurt, die Weinberge sind nicht weit, die Hügel grün. Die Weide in der Mitte des Marktes aber war immer schon etwas Besonderes. Wenn sie im Rathaus von Schwanfeld zum Ortsfest laden, dann heißt es im Anschreiben: unterm Weidenbaum. Unter dem feiert das Dorf seit etwa hundert Jahren, so ganz genau weiß das keiner. Mit dem Feiern unterm Baum aber wird es nun bald zu Ende sein. Die Weide soll weg.

"Mir blutet da auch das Herz", sagt der Bürgermeister. Aber was wären denn die Alternativen? Warten, bis er umfällt? Oder ständig in Angst leben, dass ein herabfallender Ast bei Sturm einen Festbesucher verletzt? Die Weide gilt seit 2015 als unrettbar morsch, selbst die Stahlseile, mit denen die Krone stabilisiert wurde, helfen inzwischen nicht mehr hinreichend. Und deshalb gab es im Gemeinderat jetzt auch keine einzige Gegenstimme, als sie das Ende des Baums beschlossen haben. Dass damit eine Ära zu Ende geht, das ahnen sie alle. Die Weide ist sowieso schon die letzte ihrer Art in der Ortsmitte, früher standen da einige. Und demnächst steht eine Dorferneuerung bevor, der Adenauerplatz soll aufgehübscht werden. Ob dann nochmals eine Weide gepflanzt wird - sehr unwahrscheinlich, sagt der Bürgermeister. Es müssten noch ein paar Dinge geklärt werden. Dann wird die Weide Vergangenheit sein.

Der Gemeinderat Kurt Eichelbrönner kommt gerade aus dem Urlaub zurück, er macht keinen Hehl daraus, dass er gut darauf verzichten konnte, das Ende der Weide zu beschließen. Aber wäre er in Schwanfeld gewesen, dann hätte auch er gegen eine Zukunft für die Weide gestimmt. "Geht einfach nicht anders", sagt er. Und sogar der Vorsitzende vom Bund Naturschutz in Schweinfurt, Edo Günther, möchte die Stimme nicht laut erheben. Klar komme man ins Grübeln, sagt er, ob so ein alter Baum zwingend weg müsse. Aber ob es im konkreten Fall tatsächlich Alternativen gegeben hätte, wage er nicht zu beurteilen. Der Baum wird fallen.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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