Aschermittwoch in Bayern:Es fehlt an Witz

Die CSU plustert sich nach rechts auf, die SPD lästert über Söders Serienauftritt, Freie Wähler und AfD schimpfen wie gehabt über die Konkurrenz: Angesichts der Großkrisen in der Welt vergeht den meisten Parteien an diesem Aschermittwoch die Lust auf das übliche Gezänk.

Aus der SZ.de-Redaktion

Wie Seehofer seine CSU positioniert

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(Foto: REUTERS)

Ernst und zahm. Irgendwie wollte die CSU beim diesjährigen Aschermittwoch nicht so richtig auf ihre politischen Gegner einhauen. Hier mal eine Spitze gegen SPD-Chef Sigmar Gabriel, da mal die Bitte an den Herrn, für die Grünen doch Hirn vom Himmel regnen zu lassen. Aber angriffslustig? Frech? Diesmal nicht. Stattdessen setzten die Redner in der mit mehr als 3000 Menschen gut gefüllten Dreiländerhalle in Passau auf ernste Themen: die Griechenland-Krise, den Umgang mit islamistischem Terror, der Flüchtlingspolitik in Deutschland. Achja, und Franz Josef Strauß natürlich. Da sich in diesem Jahr der Geburtstag des CSU-Heiligen zum 100. Mal jährt, lässt die Partei keine Gelegenheit aus, ihm zu huldigen. So geriet auch dieser politische Aschermittwoch zu einer Zitate-Rückschau des großen FJS. Etwa durch jene Forderung, dass es rechts von der CSU keinen Platz für demokratische Rechte geben dürfe. Immer und immer wieder wird der Satz erwähnt und variiert. In der ernsten Rede des Europapolitikers Manfred Weber, im Bierzelt-Kampfgebrüll des Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber und im insgesamt etwas unmotiviert wirkenden Vortrag des Parteivorsitzenden. "Rechts von uns wird es auf Dauer keine demokratisch legitimierte Partei geben", sagte denn auch Seehofer. Das ist natürlich auch als Kampfansage der CSU an die Alternative für Deutschland (AfD) zu verstehen. Horst Seehofer sprach nicht einmal eine halbe Stunde. "Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt", schimpfte der Ministerpräsident. Wirtschaftsflüchtlinge in Deutschland? Nicht, so lange er etwas zu bestimmen hat. Seehofer bezog sich damit vor allem auf die aktuell zu Tausenden ankommenden Menschen aus Kosovo - sie müssten konsequent und schnell abgeschoben werden. Auch bei den anderen großen Themen ist die Stimmung ernst, sind die populistischen Töne gut hörbar. Die gewünschte Botschaft: Mit der CSU spielt man nicht. Und die CSU spielt an diesem Tag nicht mit dem politischen Gegner.

Warum Gabriel nicht über Seehofer schimpft

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(Foto: Claus Schunk)

Auch bei der SPD in Vilshofen ging es zunächst weniger krawallig zu, als man gehofft hatte. "Es fällt mir schwer, heute hier zu sprechen", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (in der Bildmitte) auf dem Podium mit Verweis auf "so viel, was grade in Europa und der Welt passiert". An die "geistigen Brandstifter und Fanatiker" der Anschläge von Paris und Kopenhagen gewandt, sagte er: "Wir werden uns eurer Gewalt nicht beugen und unsere Meinungsfreiheit nicht aufgeben! Wir werden uns nicht einlassen auf eine Spirale der Gewalt. Wir bleiben ein weltoffenes Land, egal, was mancher uns einreden will." Aber dann lästerten Gabriel, der Landesvorsitzende Florian Pronold und Markus Rinderspacher, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion in Bayern, doch noch ein bisschen über die CSU, wie es sich für einen Aschermittwoch gehört. "Als hätte man dafür acht Minuten gebraucht, um zu sehen, dass der Söder ein Schauspieler ist", sagte Pronold über den umstrittenen Auftritt von Finanzminister Markus Söder in der BR-Serie "Dahoam is dahoam". Die Energiepolitik der CSU, das Hin und Her bei den Stromtrassen würdigte Gabriel vor den 2500 Besuchern im großen Festzelt nur kurz: "Ich muss nicht auch noch auf Seehofer schimpfen, das übernehmen seine Minister. Gegen die Mitgliedschaft im Kabinett bei Seehofer ist ja eine Folterkammer eine Wärmestube." Und fügte dann noch einen Satz hinzu: "Wir müssen diesen Irrsinn stoppen."

Welche Minister Aiwanger zum Abtritt auffordert

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(Foto: dpa)

800 johlende Bürger, Stammtisch-Parolen, Politiker in Tracht, ein putziges Kleinkind, majestätisches Winken des Chefs beim Einzug, zum, klar, bayerischen Defiliermarsch. Dass die Freien Wähler die bessere CSU sein wollen, haben sie beim Politischen Aschermittwoch in Deggendorf wieder gezeigt. Abgewatscht wurde allein Schwarz-Rot, dafür aber deftig. Die anderen Oppositionsparteien spielten keine Rolle. Der politische Aschermittwoch war vor allem eine Hubert-Aiwanger-Show. Der Parteichef (im Bild) griff wie immer zum Hammer. Er forderte die Minister Aigner, Dobrindt, Nahles und Schmidt auf abzutreten - und den Ministerpräsidenten natürlich auch. Und Aiwanger hatte Lösungen für alles: Flüchtlingsproblematik (vor Ort helfen, statt polemisieren), Erzieher-Mangel (gleiche Bezahlung wie für Lehrer), Energiewende (regional und unabhängig), Griechenland (Drachme einführen) und natürlich den Konzertsaal in München (Neubau statt Umbau). Abschreiben könne die Staatsregierung gerne, sagte Aiwanger, darin sei man in der CSU ja geübt. "Die Freien Wähler sind die Ideenschmiede für eine gute Politik. Die Freien Wähler haben die Menschen und das Programm, das Land nach vorne zu bringen", sagte Aiwanger. Ach ja, nah am Menschen gaben sie sich auch: Zum Abschluss gab es eine Selfie-Stunde mit Aiwanger vor orangefarbenener Fotowand.

Wieso Özdemir über IS und Cannabis spricht

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(Foto: dpa)

Der Bernlochner Stadtsaal in Landshut war bis auf den letzten Platz gefüllt, die Banner an den Wänden spiegelten die diesjährigen Kernthemen der Grünen: Finger weg von der B 15 neu, Schluss mit Massentierhaltung und höchste Zeit, dass sich bei der Energiewende was dreht. Damit war der Rahmen gesetzt. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth aber holte auch die Konflikte der Welt in den Saal: "Heute ist kein politischer Aschermittwoch, an dem wir poltern und draufhauen", sagte sie. Stattdessen sprach sie ein "Grußwort für den Frieden" und sagte mit Blick auf die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge: "Jeder und jede ist uns willkommen." Das sei die "Heimat Deutschland, in die sich die in Passau erst noch integrieren müssen". Dann aber bekam die CSU doch noch Einiges ab. Der Landesvorsitzende Eike Hallitzky sprach mit Blick auf die Energiewende-Politik von Ministerpräsident Horst Seehofer von "Horst, dem Nullleiter". Auch die Fraktionsvorsitzende Margarete Bause ging mit dem "zerzausten Hahn" CSU hart ins Gericht, ihre Haltung bei der Flüchtlingspolitik sei erbärmlich und schüre nur gesellschaftliche Ressentiments. Höhepunkt der Veranstaltung war aber der umjubelte Auftritt des Bundesvorsitzenden Cem Özdemir (im Bild), der klare Worte gegen Pegida und den IS-Terrorismus fand. Trotz dieser schweren Themen nahm er sich auch noch Zeit für seine Herzensangelegenheit: die Legalisierung des Cannabis.

Wie AfD-Chef Lucke sich an Wortspielen versucht

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(Foto: dpa)

Die Themen, an denen sich die AfD in Osterhofen abarbeitete, waren zu erwarten: Geschlechterrollen, Einwanderung und die Euro-Krise. Gewettert wurde gegen alle "Altparteien", vor allem gegen CDU und CSU. Bundesparteichef Bernd Lucke erntete immer wieder viel Applaus mit seinem Vorwurf, die Union habe ihre eigenen Positionen verraten. Er war der Star des Tages, nach seinem Auftritt hatten einige offenbar schon genug, jedenfalls leerte sich der Saal dann etwas. Die etwa 850 Besucher freuten sich über gewohnte AfD-Aussagen, dass Griechenland aus dem Euro raus müsse und man nur Flüchtlinge aufnehmen wolle, die aus Kriegsgebieten kommen. Lucke versuchte sich zum Aschermittwoch auch an Wortspielen: "Seehofer hat Söderbrennen" zum Beispiel. Nach den Standing Ovations für den Parteivorsitzenden kam Ludger K., ein Kabarettist aus Nordrhein-Westfalen, auf die Bühne. Er erfreute die Zuhörer mit flachen und alten Witzen über Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin und Sprüchen von der Sorte, dass nur noch die Doofen Kinder bekämen. An Witz kann die AfD noch zulegen.

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