Rechnungen ignoriert:Berlin schuldet Passau 1,5 Millionen Euro

Von Dietrich Mittler

Berlin schmückt sich selbst gerne mit dem Wortpaar "arm aber sexy". Dem Passauer Landrat Franz Meyer (CSU) trieb das die Zornesröte ins Gesicht. Passgenauer sei doch eher ein Slogan im Sinne von "arm und unverschämt". Meyers Wut auf den Berliner Senat ist verständlich. "Berlin steht bei uns mit 1,5 Millionen Euro in der Kreide", hieß es am Dienstag aus dem Landratsamt. Schon 2014 habe die Bundeshauptstadt alle Zahlungsaufforderungen ignoriert.

In einem Brief an Aydan Özoğuz, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, hat Meyer kundgetan, was ihn so ärgert: Im grenznahen Passau kommen mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an als sonstwo in Deutschland. Sie alle müssen in Jugendhilfe-Einrichtungen betreut werden - und das kommt teuer. "Allein bis Ende Juli 2015 waren im Landkreis Passau rund 1900 Aufgriffe von Jugendlichen zu betreuen", informierte Meyer die Staatsministerin (SPD) über die bisherige Jahresbilanz.

Damit die Kommunen im Kreis Passau nicht auf den hohen Kosten sitzenbleiben, werden nach einem komplizierten Umlagesystem bundesweit Städte zur Kasse gebeten, die weniger jugendliche Flüchtlinge zu betreuen haben. Berlin aber hatte auf die Rechnungen und Mahnungen aus Passau noch nicht einmal geantwortet. "Reden wir Klartext", sagte Landrat Meyer, "die Senatsverwaltung wirft unsere Briefe in den Papierkorb." Doch einen Nachtragshaushalt muss der Kreis Passau - wie anfänglich befürchtet - nicht mehr aufstellen. Berlin war der Protest aus Passau offenbar peinlich: Die Senatsverwaltung sicherte nun zu, alle Außenstände bis Jahresende zu begleichen.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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