Prozess in Nürnberg:"Das Schrecklichste, was wir je gehört haben"

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  • Ein 32-Jähriger Mann ist wegen Mordes an seinem fünf Jahre alten Sohn zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt werden.
  • Ins Gefängnis muss der Mann aber nicht: Weil er an einer schizophrenen Psychose leidet, wurde vom Landgericht Nürnberg-Fürth die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Vater wird in Psychiatrie untergebracht

Den Todeskampf des eigenen Kindes zeichnete er mit dem Mikrofon seines Handys auf: Wegen Mordes an seinem fünf Jahre alten Sohn ist ein 32-Jähriger am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt werden. Weil der Mann an einer schizophrenen Psychose leidet, ordnete das Landgericht Nürnberg-Fürth seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Der Vater hatte seinen Sohn im Mai 2014 in seiner Wohnung in Oberasbach (Landkreis Fürth) mit 86 Messerstichen getötet. Wie der Vorsitzende Richter Gerhard Neuhof in seiner Urteilsbegründung erläuterte, war der Mann bei der Tat hoch psychotisch gewesen. Dies sei beim Strafmaß berücksichtigt worden.

Wie es zu der Tat kam

Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert, die Verteidigung dagegen auf Freispruch plädiert - der Sohn sei ein Zufallsopfer gewesen. Das sah die Kammer jedoch anders: "Es gibt keinen Zweifel, dass die Ängste, das Umgangsrecht für das Kind zu verlieren, auch eine Rolle gespielt haben", betonte der Richter. Beim Ermittlungsrichter hatte der Angeklagte ausgesagt, dass er auf die Kindsmutter sauer war. Er fürchtete, dass er seinen Sohn nicht mehr so oft sehen dürfte. Außerdem fühlte er sich verfolgt und bedroht.

Der 32-Jährige lebte von der Mutter des Kindes getrennt. Die Wochenenden verbrachte der Fünfjährige meistens bei seinem Vater in Oberasbach. Vor dem letzten Besuch sträubte sich der Junge aber, versteckte sich im Gartenhäuschen. Als sein Vater ihn drücken wollte, lief er weg.

Der Angeklagte hatte die Tat beim Prozessbeginn zugegeben. Per Tonaufzeichnung seines Handys nahm er das Verbrechen auf. Das Tondokument wurde am ersten Verhandlungstag abgespielt. Viele Zuhörer verließen währenddessen den Saal, auch der Vorsitzende Richter Gerhard Neuhof äußerte sich erschüttert: "Ein Live-Mitschnitt von der Tat. Das ist mit Abstand das Schrecklichste, was wir je gehört haben". Auf der Aufnahme sind Schreie des Kindes während der Tat zu hören. Dann die Stimme des Angeklagten: "Es tut mir so leid", und: "Ich hab dich so lieb gehabt."

Was in der Mordnacht geschah

Vor dem Mord hatte der Mann den Jungen die ganze Nacht hindurch - mit Unterbrechungen mehr als acht Stunden - mit Fragen traktiert. Er wollte dadurch herausfinden, ob ihn die Mutter von ihm fernhalten wollte. Auch diese "Verhöre", wie er sagte, nahm er mit dem Handy auf. Knapp zwei Stunden nach der Tat rief der Mann beim Bundesnachrichtendienst und beim Landeskriminalamt in Stuttgart an und meldete die Tat. Kurz darauf wurde er festgenommen. In der Wohnung fanden die Polizisten ein Blutbad vor.

Das Tatmesser sei "krumm und schief" gewesen, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Die Anwältin der Kindsmutter betonte in ihrem Schlussvortrag, vor der Tat habe der Vater die ganze Zeit sehr ruhig und vernünftig mit seinem Sohn gesprochen. "Das schließt für mich aus, dass er ausschließlich im Wahn gehandelt hat." Der 32-Jährige sei "hochgefährlich" und "völlig unberechenbar", weil er es immer wieder schaffe, sich als harmlos darzustellen.

Der Angeklagte befand sich mehrmals in stationärer psychiatrischer Behandlung und versuchte mehrfach, sich umzubringen. "Er wollte die Mutter strafen oder schädigen", sagte die Anwältin. "Die Mutter und die Großeltern werden über den Verlust nie hinwegkommen."

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