Prozess:Anklage im Mordfall Ursula Herrmann

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Überraschende Anklage: Nicht nur der Verdächtige Werner M. muss sich im Mordfall Herrmann verantworten, sondern auch seine Ehefrau.

Hans Holzhaider

Gegen den 58-jährigen Werner M., der im Verdacht steht, im September 1981 die zehnjährige Ursula Herrmann entführt zu haben, hat die Staatsanwaltschaft Augsburg jetzt Anklage wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge erhoben. Überraschend muss sich auch seine an den Rollstuhl gefesselte Ehefrau wegen Beihilfe zu dem Verbrechen vor Gericht verantworten.

Ursula Herrmann wurde 1981 entführt und ist später tot in einer vergrabenen Holzkiste aufgefunden worden. (Foto: Foto: dpa)

Ursula Herrmann war 19 Tage nach ihrer Entführung in einer im Wald vergrabenen Holzkiste tot aufgefunden worden. Sie war darin erstickt, weil ein Belüftungsrohr durch Blätter verstopft war.

Der Verdächtige Werner M. war zum Zeitpunkt der Entführung ein Nachbar der Familie Herrmann in Eching am Ammersee. Schon damals zählte er zum Kreis der Tatverdächtigen, hinreichende Beweise für eine Anklage fehlten jedoch. 26 Jahre später versuchte die Polizei, mit einer Hausdurchsuchung bei M. doch noch die Tat zu klären.

Der Mann war mittlerweile ins schleswig-holsteinische Städtchen Kappeln gezogen, wo er ein Geschäft für Segelbedarf betrieb. Bei der Durchsuchung im Oktober 2007 fand die Polizei ein Tonbandgerät, das möglicherweise bei den Erpresseranrufen benutzt wurde.

Eine Expertin für forensische Phonetik hatte es als "wahrscheinlich" angesehen, dass die Musik, die den Eltern von Ursula Hermann bei den Erpresseranrufen vorgespielt worden war, von diesem Tonbandgerät kam. Daraufhin wurde M. im Mai 2008 verhaftet. Gegen ihn sprächen allerdings noch eine ganze Reihe von Indizien, erklärt die Staatsanwaltschaft.

Die 8.Strafkammer am Landgericht Augsburg muss jetzt entscheiden, ob die Anklagen zur Hauptverhandlung zugelassen werden. Walter Rubach, der Verteidiger von Werner M., hat daran keine Zweifel. Die gleiche Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Wolfgang

Rothermel hat schon im Juli eine Haftbeschwerde Rubachs zurückgewiesen, weil gegen M. ein "dringender Tatverdacht" bestehe. Für die Eröffnung der Hauptverhandlung ist nach der Strafprozessordnung nur ein "hinreichender Tatverdacht" erforderlich. Da sich an der Beweislage seit damals nichts geändert hat, wäre es äußerst ungewöhnlich, wenn das Gericht die Anklage jetzt nicht zulassen würde.

Werner M. hat die Tat bisher bestritten. Er macht geltend, dass er das angeblich bei der Tat verwendete Tonbandgerät erst im vergangenen Sommer auf einem Flohmarkt gekauft habe. Belegt werden konnte das bisher nicht.

Die Staatsanwaltschaft hält es offensichtlich für erwiesen, dass die Ehefrau des Verdächtigen ihm bei der Tat vor 27Jahren behilflich war. Allerdings, so erklärte Anwalt Rubach, sei es ausgeschlossen, dass die Frau damals ein Telegramm an die Eltern aufgegeben hatte, in dem es hieß, das Kind könne wegen eines "raffinierten Plans" durchhalten und sie sollten deswegen weitersuchen. Die Ehefrau des Mordverdächtigen M. sitzt seit einem Autounfall im Rollstuhl. Sie lebte mit ihm in Kappeln, wo sie gemeinsam das Segelgeschäft betrieben.

Nach der Hausdurchsuchung hatte die Polizei das gesamte Haus und auch das Auto des Ehepaares verwanzt, um möglicherweise durch ihre Reaktion Hinweise auf die Täterschaft zu erhalten. Aber nichts, was M. in den nächsten Tagen mit seiner Frau redete, taugte als zweifelsfreier Beweis.

Unklar ist noch, ob sich die Anklage auch gegen ein Ehepaar richtet, das M. damals ein Alibi gegeben hatte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg lehnte am Mittwoch eine Stellungnahme ab mit dem Hinweis, die Anklage sei den Verfahrensbeteiligten noch nicht zugestellt worden.

© SZ vom 16.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Mordfall Ursula Herrmann

1981 wurde die zehnjährige Ursula Herrmann auf dem Heimweg vom Turnunterricht in Eching am Ammersee entführt. 19 Tage später fand die Polizei ihre Leiche in einer im Waldboden eingelassenen Holzkiste.

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