Politikum:Wenn Eltern fürs G 8 werben

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Seit Jahren wird über das achtstufige Gymnasium geklagt, doch ausgerechnet die Landeselternvereinigung tut sich mit Reformen schwer

Von Anna Günther

Es gibt kaum eine Gruppe, die unterschiedlicher ist als Eltern. Und kaum eine, die härter für den richtigen Weg kämpft - gerade, weil der für jeden anders aussieht. Das zeigt auch die Debatte um acht oder neun Jahre am bayerischen Gymnasium: Die meisten Eltern an den 47 Pilotgymnasien melden ihre Kinder für ein Jahr mehr Zeit an, die Nachfrage für den G-9-Versuch Mittelstufe Plus übertrifft mit fast 70 Prozent die Anmeldungen des vergangenen Jahres. 71 Schulen hatten sich beworben und teils noch per Petition versucht, mitmachen zu dürfen. Schulleiter verweisen stets auf das klare Votum ihrer Eltern für neun Jahre. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer will nach den Bedürfnissen von Kindern und Eltern handeln. Eine Entscheidung könnte im Sommer fallen.

Aber ausgerechnet offizielle Vertreter all dieser Mütter und Väter steigen auf die Bremse. Die Landeselternvereinigung will erst die zweijährige Pilotphase abwarten, preist das G 8 und fragt, ob Seehofer überhaupt weiß, was die Eltern wollen. Dabei lautet die Frage eher, wer die Eltern sind. Klar, die LEV vertritt 300 000 Mütter und Väter, die über den Elternbeirat der 426 Gymnasien den LEV-Vorstand wählen. Die Entscheidung über acht oder neun Jahre sei nicht Sache der Eltern, findet die LEV-Vorsitzende Susanne Arndt. Wer sie nach ihrer Haltung fragt, der bekommt ausweichende Antworten. Ihr Ton wirkt schnell gereizt. Sie will sich zwar nicht festlegen, aber Positives zum G 9 fällt ihr auf Anhieb nicht ein. Und überhaupt, der Pilotversuch: Der sei nur deshalb so erfolgreich, weil die Schulleiter dafür massiv werben. Kein Wunder, dass sich viele Eltern von der LEV nicht mehr vertreten oder sogar missverstanden fühlen. Bei der Meinungsbildung scheinen auf dem Weg von der Basis nach oben ein paar Argumente verloren gegangen zu sein. Einig sind sich die Mütter und Väter wohl nur darin: Sie wollen endlich Ruhe am Gymnasium, irgendwie weniger Stress und irgendwie das Beste für ihre Kinder. Die Landeselternvereinigung scheint auch nicht recht zu wissen, was sie will. Zum Glück gibt es noch Horst Seehofer, denn der macht dann sowieso, was er will.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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