Politikum:Eine gute Nachricht

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Der schwer getroffene Landkreis Würzburg setzt in Zeiten grassierender Terrorangst ein Zeichen der Solidarität

Von Katja Auer

Ein bemerkenswerter Beschluss ist in diesen Tagen untergegangen in den schrecklichen Nachrichten von Attentaten und Amokläufen und er ist ausgerechnet in Würzburg gefallen. Da, wo wenige Tage zuvor der Terror in der fränkischen Provinz angekommen ist, als ein 17-jähriger Afghane mit einer Axt und einem Messer in einer Regionalbahn bei Heidingsfeld auf Fahrgäste losging und schwer verletzte. Im Namen des sogenannten Islamischen Staats, so formulierte er es wenigstens in einem Handyvideo. Ein junger Mann, der scheinbar gut integriert war im Landkreis Würzburg. Einer, der nie als radikal aufgefallen ist. Bis zum Montag vor einer Woche. Fünf Menschen sind immer noch im Krankenhaus, ein Mann aus Hongkong liegt weiter im Koma.

Eine grauenvolle Tat, zweifellos, deswegen dürfe man Flüchtlinge aber nicht unter Generalverdacht stellen, sagte Würzburgs Landrat Eberhard Nuß von der CSU. Und so beschlossen die Kreisräte - gegen zwei Stimmen der Republikaner, was niemanden ernsthaft überrascht haben dürfte -, den Städten und Gemeinden im Jahr 1000 Euro pro Flüchtling zu bezahlen. Egal ob anerkannt oder nicht, ob minderjährig oder erwachsen. Um die 1300 Menschen sind derzeit im Landkreis untergebracht, zwei Millionen Euro kostet das Projekt im Jahr. Eine Integrationspauschale, so nennen sie das, die etwa für Kindergartenplätze ausgegeben werden kann.

Vor dem Kreistagsbeschluss, das ist ebenfalls bemerkenswert, hatten sich alle 52 Bürgermeister des Landkreises für den Zuschuss ausgesprochen. Auch jene, in deren Kommunen keine Asylbewerber untergebracht sind. Zurückgezogen hat auch nach dem Attentat keiner. Und die Kritiker, die vor allem aus dem Landkreistag kommen, bemängeln gar nicht die Idee, mehr für Integration zu tun. Sie meinen nur, dass dafür Freistaat und Bund bezahlen sollten.

Man verstehe sich als Solidargemeinschaft, heißt es aus dem Landratsamt. Ein sperriges Wort, das aber einen warmen Klang bekommt in dieser Zeit, wenn Angst, Trauer und Wut die Debatten zu dominieren drohen. Die Würzburger wollten ihre Politik dem nicht unterwerfen. Das ist eine gute Nachricht unter den vielen furchtbaren in diesen Tagen.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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