Politikum:Das wäre Ihre Frage gewesen

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In der "Münchner Runde" im Bayerischen Rundfunk darf der Rechtspopulist Petr Bystron schwadronieren, was das Zeug hält - und der Moderator schaut bloß zu

Von Rudolf NeumAier

Bei Minute 41:11 seiner Fernsehsendung "Münchner Runde" tupfte der Wortspieler Sigmund Gottlieb eine Frage in die Diskussion: "Ist in unserer Zunft zu viel Gewissen und zu wenig Wissen?" Dies treibe ihn oft um. Der Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens vertritt die Auffassung, die Medien hätten bei der Lösung der Flüchtlingsfrage einen Beitrag zu leisten. Und zwar dadurch, dass sie Handlungsdruck auf die Politik aufbauen müssten. Das Publikum zu Hause in den Wohnzimmern grübelte: Wie jetzt? Einerseits stellt er seine Kommentierungskompetenz infrage - und andererseits mandlt er sich zum Politiker-Manipulanten auf? Dabei hätte es um die AfD gehen sollen.

Neben einem Politologen und der kämpferischen Grünen-Landeschefin Sigi Hagl saßen Innenminister Joachim Herrmann und Petr Bystron von der AfD am Tisch. In Minute 27:30 konzentrierte sich Gottlieb auf die Wasserkaraffe und schenkte seinen Gästen nach. Das war dem Minister gegenüber ganz schön fies. Denn hätte der Moderator statt aufs Kellnern auf die ausweichenden Antworten des AfD-Mannes zur Frage nach Vorschlägen für die Reduzierung neuer Flüchtlinge geachtet, wäre Herrmann eine Attacke von rechtsaußen erspart geblieben. Nanu, Herrmann schaute betreten, so viel Schutzlosigkeit war er nicht gewohnt. Bystron faselte in der Sendung etwas von "Grenzsoldaten an den Grenzübergängen" sowie von angeblich verkürzt dargestellten Einlassungen seiner Parteikolleginnen Petry und von Storch. Wieder und wieder hätte der Moderator dem Rechtspopulisten die Zitate der beiden Frauen zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge vor den Latz knallen können. Hatte er sich überhaupt - im Sinne von Wissen statt Gewissen - mehr als halbherzig vorbereitet? Als Bystron sagte, er "nehme doch an, dass die Dienstwaffe zum Gebrauch da ist", blieb ein "Wie meinen Sie das?" aus.

Der AfDler hatte sein Vergnügen an der Show. Zumeist lächelte er sanft und zufrieden. Talksendungen erfüllen dann ihren Zweck, wenn Journalisten sie leiten, die den Dingen auf den Grund gehen, und nicht Gewissenserforscher, die sich für Handlungsdruckerzeuger halten. Ist nächstes Mal Gottliebs Kollegin Ursula Heller an der Reihe? Bitte!

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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