NSU-Ausschuss in Bayern:Autoname als Eselsbrücke

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Verwunderung im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags: Ein Kriminalbeamter will schon 2007 vom NSU gehört haben.

Von Mike Szymanski und Tanjev Schultz

Ein Kriminalhauptkommissar hat am Dienstag im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags großes Erstaunen mit der Aussage ausgelöst, er habe schon im Jahr 2007 vom NSU gehört. Der Beamte sagte, der Verfassungsschutz aus Thüringen oder Sachsen habe einmal die Mitteilung gemacht, dass es eine rechte terroristische Vereinigung NSU gebe, "das heißt dann Nationalsozialistischer Untergrund". Es habe geheißen, der NSU könnte etwas mit der ungeklärten Mordserie zu tun haben. "Der Hinweis wurde gegeben. Das war's dann." Ein Kollege des Beamten konnte das so vor dem Ausschuss allerdings nicht bestätigen: Er könne sich "definitiv nicht" an einen solchen Hinweis erinnern. Erst Ende 2011 habe er zum ersten Mal vom NSU gehört.

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Franz Schindler (SPD), sagte zu dem angeblichen NSU-Hinweis: "Die Aussage hat uns elektrisiert. All das, was bisher behauptet wurde, dass vor 2011 niemand vom NSU wusste, das würde alles nicht stimmen." Eigentlich hatte der Ausschuss seine Beweisaufnahme beenden wollen. Schindler schließt eine Sondersitzung nun nicht mehr aus. Am Nachmittag kam es zur Gegenüberstellung beider Zeugen. "Sie sehen selbst, das passt nicht zusammen", hielt Schindler ihnen vor. Sie blieben beide dabei: "Das war so."

"Das war meine Eselsbrücke"

An das genaue Datum des angeblichen Hinweises konnte er sich nicht erinnern, es soll 2007 bei einer Besprechung der Polizei in Nürnberg gewesen. Der Beamte war damals als Spurensachbearbeiter in die Ermittlungen zu der Mordserie eingebunden, die erst seit Ende 2011 dem NSU zugeschrieben wird. Der damalige Leiter der Soko "Bosporus" habe die Sitzung schon verlassen. Die Soko war bis 2008 mit den Ermittlungen in der Mordserie betraut. Der Beamte sagte, der Hinweis zum NSU, der dann versandet sei, sei ihm im Gedächtnis geblieben. Denn bei der Abkürzung NSU habe er sich an die alte Kraftfahrzeug-Marke erinnert, "das war meine Eselsbrücke".

Bisher ist von einem so frühen Hinweis auf den NSU weder in den vier Untersuchungsausschüssen, noch bei den laufenden Ermittlungen die Rede gewesen. Lediglich ein ehemaliger Beamter des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg hat einmal behauptet, im Jahr 2003 durch einen Informanten von einer Neonazi-Gruppe mit dem Kürzel NSU gehört zu haben. Erhärten ließ sich diese Erinnerung nicht.

In München ging am Dienstag der NSU-Prozess weiter. Der Angeklagte Carsten S. sagte, er habe vor seinem Ausstieg aus der rechten Szene Ende 2000 in einem Gespräch mit Ralf Wohlleben versichert, nichts über den Kontakt zum untergetauchten Trio preiszugeben: "Mir war klar, dass ich nichts sage. Und das habe ich ihm auch gesagt." Wohlleben ist wie Carsten S. angeklagt wegen Beihilfe zu neun Morden; er soll S. den Auftrag gegeben haben, dem NSU-Trio die Pistole zu besorgen, die sich später als Tatwaffe herausstellte. Als Carsten S. ausstieg, soll Wohlleben noch versucht haben, ihn davon abzuhalten.

© SZ vom 19.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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