Neue Regierung in Bayern:Mutig durch offene Türen

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Bei den Verhandlungen mit der CSU ist die FDP den Weg des geringsten Widerstands gegangen. Streitthemen wurden einfach ausgespart.

Annette Ramelsberger

Es gibt viele Menschen in Bayern, die haben bei der Wahl sehr strategisch gedacht: Sie haben ihre Stimme ganz bewusst der FDP gegeben, weil sie ahnten, dass sie der wahrscheinlichste Koalitionspartner der CSU werden würde und sie mit ihrer Stimme für die Liberalen deshalb der CSU am deutlichsten eine Änderung ihrer Politik abringen könnten.

Schäkern, bevor sie den Koalitionsvertrag unterzeichnen: Horst Seehofer und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. (Foto: Foto: AP)

Nun ist der Koalitionsvertrag unterschrieben, der neue Regierungschef gewählt und die FDP-Wähler reiben sich die Augen: Denn all das, was sie sich von der Durchsetzungskraft der Liberalen erhofft hatten, ist verpufft wie warme Luft im Föhnwind.

Wer das Regierungsprogramm der Koalitionäre von CSU und FDP einmal aufmerksam liest, entdeckt in den wirklich wichtigen Punkten nichts, was die CSU nicht aus eigenem Antrieb geändert hätte: Den Übertritt der Kinder von der Grundschule auf weiterführende Schulen wollte die CSU schon von sich aus erleichtern, weil sie den Zorn der Eltern über die starre Regelung spürte. Ihren Wunsch nach einer sechsjährigen gemeinsamen Schulzeit hat sich die FDP schon in der ersten Runde abhandeln lassen.

Ohnehin hat die FDP nur die Türen eingerannt, die die CSU bereits weit geöffnet hatte: Sie hat der CSU damit elegant Änderungen ihrer verfehlten Politik ermöglicht, die die Schwarzen andernfalls als Korrektur peinlicher Fehler hätten selbst eingestehen müssen: die Lockerungen beim Versammlungsrecht zum Beispiel.

Alles, wo sich die FDP hätte richtig streiten müssen, hat sie einfach ausgespart und nach Brüssel oder an die Justiz delegiert: zum Beispiel beim Ausbau der Donau, über den nun die EU befinden soll. Oder sie hat als tolles Verhandlungsergebnis ausgegeben, was längst der Bund dekretiert hat: die Stärkung der erneuerbaren Energien zum Beispiel.

Die FDP ist den Weg des geringsten Widerstands gegangen und hat sich eine wahre Wohlfühl-Koalition gezimmert: zwei angenehme Ministerien, in denen man schön repräsentieren kann, allüberall Harmonie mit dem Regierungspartner, und das, obwohl die CSU so geschwächt war, dass man ihr fast alles hätte abringen können.

Doch das war nicht der Anspruch der bayerischen FDP: Sie wollte an die Regierung. Es reicht ihr, ein paar gelbe Spitzen ans schwarze Programm zu klöppeln - vorzugsweise für die eigenen Leute. So soll nun der Flughafen München ausgebaut werden, der in Oberpfaffenhofen aber nicht. Der Fluglärm über den Villen südwestlich von München ist in den Ohren der FDP eben viel lauter als der über dem Erdinger Moos.

© SZ vom 28.10.2008/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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