Nach Gesetzesänderung:"Unzulässig und illegal"

Landkreis Erding gibt Gutscheine statt Geld an Flüchtlinge

Seit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes zum 1. März bekommen Flüchtlinge, sobald sie nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, ein Existenzminimum in Höhe der Hartz-IV-Sätze bar ausgezahlt. Im Landkreis Erding ist das anders: Die dort lebenden Flüchtlinge erhalten den Teilbetrag für Kleidung und Schuhe - für einen Erwachsenen monatlich 33,57 Euro - nicht als Bargeld, sondern in Form von Wertgutscheinen. Der Bayerische Flüchtlingsrat rügt nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung die Praxis im Landkreis Erding als "unsinnig, unzulässig und unverschämt". Das bayerische Sozialministerium müsse den Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) "dringend zur Vernunft bringen". Das Asylbewerberleistungsgesetz ist in Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht aus dem Juli 2012 novelliert worden.

Bayerstorfer hatte die Entscheidung, das geänderte Gesetz nicht vollständig umzusetzen, unter anderem mit den Worten rechtfertigt, "Bargeld schafft falsche Anreize". Außerdem sei so sichergestellt, dass Flüchtlinge sich mit dem Geld nicht etwas anderes als Kleidung und Schuhe kauften. Bislang mussten Flüchtlinge im Landkreis Erding zweimal im Jahr zu einer zentralen Einkleideaktion antreten. Eine Umfrage der SZ bei allen oberbayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten hat ergeben, dass überall sonst im Regierungsbezirk das Existenzminimum an Flüchtlinge bar ausgezahlt wird.

Ben Rau vom Flüchtlingsrat schreibt: "Die Kleidergutscheine in Erding sind schlichtweg unzulässig und illegal, das Asylbewerberleistungsgesetz ist hier eindeutig. Wenn dem Landrat das Bundesverfassungsgerichtsurteil und die Gesetzgebung nicht gefallen, ist das seine persönliche Meinung. Wenn er sich aber als Amtsträger darüber hinwegsetzt, ist das eine massive Kompetenzüberschreitung und eine Unverschämtheit. Migrationspolitische Erwägungen haben in der Sozialversorgung nichts zu suchen."

© SZ vom 23.05.2015 / flo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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