Mitten in Nürnberg:Kultureller Glückspilz

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Nürnberg hat gerade einen richtig guten Lauf. Während sich anderswo in Bayern Kulturschaffende aus Verzweiflung die Haare raufen, freuen sich die Mittelfranken über wahre Tatkraft, mutige Experimente und klare Entscheidungen

Von Olaf Przybilla

Die Kulturstadt Nürnberg hat gerade einen Lauf und wer das nicht glauben mag, der darf gerne einen Blick nach Augsburg riskieren. Dort wissen die bemitleidenswerten Theaterleute nicht, wo und wie sie demnächst spielen sollen. In Nürnberg, im größten Dreispartentheater Bayerns, hatten und haben sie dasselbe Problem mit einem maroden, von Schließung bedrohten Haus. Haben es aber ohne größere Dramen gelöst oder sind gerade dabei. Das Schauspielhaus ist längst auf modernstem Stand, und die Spielzeiten im Exil - auf dem früheren Reichsparteitagsgelände - sind sogar als experimentell anregend in Erinnerung geblieben.

Zwar ist das Opernhaus immer noch marode. Aber die Pläne, dies zu ändern, sind ausgereift. Das Ensemble wird aushilfsweise ins neue Konzerthaus umziehen. Das wiederum deutlich früher fertig sein dürfte als der in München entstehende Saal. Ursprünglich wollten viele - auch Kulturreferentin Julia Lehner - dieses neue Konzerthaus im Zentrum Nürnbergs wissen: auf dem Augustinerhof, dem Parkplatz neben dem Hauptmarkt (der in der Welt als "Christkindlesmarkt" einen Ruf hat). Diese Pläne ließen sich aber nicht realisieren, auch OB Ulrich Maly fürchtete ein Platzproblem. Nur ist die Enttäuschung darüber inzwischen zerstoben. Denn statt eines Konzertsaals kommt nun eine Dependance des Deutschen Museums aufs prominente Areal. Nicht schlecht, könnte man da sagen. Vielleicht sogar: ziemlich gut.

Zwar wird es, im Vergleich zum Haupthaus, eine überschaubare Außenstelle. Neun Mitarbeiter sollen dort mal tätig sein, das Haus bekommt 1650 Quadratmeter Ausstellungsfläche, während sich den Rest der neuen Nutzfläche - ein Vielfaches davon - Wohnungseigentümer, Hoteliers und Geschäftsleute teilen. Andererseits ist offenbar sowieso nicht daran gedacht, im Nürnberger Ableger überzählige Exponate aus dem Münchner Haupthaus auszulagern. Das Museum soll in erster Linie junge Menschen für Technik begeistern, was auf übersichtlicher Fläche gelingen kann, wenn man das kreativ macht. Und für die Hülle soll Architekt Volker Staab sorgen, von dem bereits die ansprechendsten Museumsneubauten in Nordbayern stammen. Kulturell gilt derzeit: glückliches Nürnberg.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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