Mitten in Würzburg:Akademisches zur Nacktheit

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Eine Ringvorlesung zum Thema "Kulturen der Pornografie". Das ist erstaunlich im katholischen Würzburg, wo der Bischof vor Jahren schon mal selbst den auferstandenen Christus im Dommuseum abhängen ließ, nur weil der etwas zu spärlich bekleidet gen Himmel fuhr

Von Katja Auer

Man wird keinen sehr großen Widerspruch erwarten müssen bei der Behauptung, dass Nackerte in Würzburg nicht zum Stadtbild gehören. Während sie in München an gewissen Orten so auffällig herumliegen, dass sie in Reiseführern erwähnt werden und ausländischen Medien berichtenswert erscheinen, gilt Würzburg nicht als Mekka der Hüllenlosen.

Als einmal zwei junge Männer am helllichten Tag gänzlich unbekleidet und noch dazu angetrunken in einer Tankstelle erschienen sind, hat es nicht sehr lang gedauert, bis die Polizei die beiden einkassierte. Wie sich herausstellte, waren die Herren nicht einmal überzeugte Nudisten, sondern hatten vielmehr eine Wette verloren.

Eine solche hätte auch gewonnen, wer darauf gesetzt hätte, dass sich das Museum am Dom nicht ausgerechnet als Ausstellungsraum allzu offensichtlicher Nacktheit etablieren würde. So hat Bischof Friedhelm Hofmann vor einigen Jahren höchstselbst einen auferstandenen Christus abhängen lassen, weil ihm der einfach zu unverhüllt gen Himmel fuhr. Von Pornografie im Dommuseum war damals die Rede, sehr zum Unverständnis von Künstler Michael Triegel, der fragte, warum einer nach der Erlösung noch Scham empfinden sollte.

Vorsorglich mag nach dieser Geschichte das Feigenblatt nachträglich in den Schoß einer sonst hüllenlosen Dame gemalt worden sein, die ein paar Jahre später im Museum gezeigt wurde. Zusammen mit anderen Nackten im "Abendmahl mit zwölf Begleitern" von Henning von Gierke. Wieder fand das mancher Besucher vulgär, Feigenblatt hin oder her. Dabei sprach der Kunstreferent des Bistums von "paradiesischer Nacktheit, die völlig rein ist".

Es scheint Klärungsbedarf zu geben ob der Definition, da trifft es sich gut, dass ausgerechnet in Würzburg sich nun Wissenschaftler der Debatte annehmen wollen. Die Universität hat eine Ringvorlesung angekündigt mit dem Titel "Kulturen der Pornografie". Aus unterschiedlichen Perspektiven solle sich dem Phänomen genähert werden, heißt es, streng wissenschaftlich natürlich. Und bevor jemand anderes befürchtet: Die Sittlichkeit der akademischen Welt bleibe freilich gewahrt.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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