Mitten in Regensburg:Wolbergs auf Dauersendung

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Der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs ist zurück - im Fernsehen. Mit einer Dauerwerbesendung. Nein, nicht wirklich, nur ein Versehen, heißt es vom Lokalfernsehen. Kritisch nachgefragt zu den Korruptionsvorwürfen hat trotzdem keiner

Kolumne von Andreas Glas

Es gab hierzulande Zeiten, da saßen Millionen vorm Fernseher, weil ein paar Halb- und Viertelprominente auf einer Gusseisenpfanne eine Eisbahn runterrutschten. "Wok-WM" hieß das Format, dem stets der Rodler Georg Hackl aka Hacklschorsch beiwohnte. Einmal, als der Hacklschorsch für das Team "Call a Pizza" antrat, bestellte er am Start eine Pizza, die ihm im Ziel geliefert wurde. Da ein Richter entschied, dass solche Späßchen gegen das Schleichwerbungsverbot verstoßen, markierte Pro Sieben die Wok-WM mit dem Schriftzug "Dauerwerbesendung" in der oberen Bildschirmecke. Stefan Raab, Macher der Wok-WM, fand das so albern, dass er eines seiner anderen Formate, die Show "TV Total", jahrelang als "Dauerfernsehsendung" kennzeichnete.

Während Stefan Raab inzwischen aus dem Fernsehen verschwunden ist, ist Joachim Wolbergs neulich dorthin zurückgekehrt. Nach Zeitungsinterviews, einer Videobotschaft und einer Pressekonferenz nun also mal wieder Fernsehen - das erste Mal seit der Regensburger Oberbürgermeister vor 15 Monaten wegen Korruptionsverdachts vom Dienst suspendiert wurde. "Nachgefragt" heißt das Talkformat des Lokalsenders TVA, das Wolbergs am Wochenende besuchte. Wer die Sendung verpasst hatte und zu Wochenbeginn in der TVA-Mediathek nachschaute, war leicht irritiert über den Schriftzug in der oberen Bildschirmecke: "Dauerwerbesendung" stand da.

Ein näherer Blick auf die TVA-Homepage: "Sie geben die Inhalte vor - wir setzen Sie, Ihr Unternehmen oder Ihr Produkt richtig ins Bild." Kann das sein? Handelt es sich hier um dreistes OB-Placement? "Schmarrn", heißt es bei TVA auf Nachfrage. Ein "technischer Fehler" sei der Schriftzug, wird sofort entfernt. Na, dann ist es ja gut, dann ist das auch geklärt. Unbeantwortet bleiben derweil Fragen zu den konkreten Korruptionsvorwürfen gegen Wolbergs. Die "Nachgefragt"-Moderatoren haben irgendwie vergessen, da mal nachzufragen.

Immerhin eines steht allmählich fest: Der erste von möglicherweise mehreren Prozessen gegen Wolbergs könnte sehr lange dauern. Im Herbst soll es losgehen, von 70 Prozesstagen ist die Rede. Schaut aus, als blühe Regensburg eine Dauergerichtsverhandlung.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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