Mitten in Nürnberg:Arme Sau gesucht

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In Nürnberg ist ein Posten vakant, den aber niemand so recht haben will: der des CSU-Kandidaten für die nächste Oberbürgermeisterwahl

Von Katja Auer

Es gibt Aufgaben, die klingen schon so ungemütlich. Aber irgendwer muss es halt machen. Irgendwer muss den volltrunkenen Gästen auf dem Oktoberfest sagen, dass es nach halb elf kein Bier mehr gibt, und jemand muss die Falschparker aufschreiben. Einer muss Schweine schlachten, wenn Weißwürste und Schäuferla Nationalgerichte sein sollen, und irgendwer muss halt SPD-Vorsitzender sein in Bayern. Oder Spitzenkandidat für die Landtagswahl. Wackere Genossinnen und Genossen haben den Job schon übernommen, ungemütlich war es am Ende für alle.

Aber es gibt Orte in Bayern, wenige, an denen es den Schwarzen genauso ergeht. So muss die Nürnberger CSU zum Beispiel alle sechs Jahre irgendwen aufstellen, der gegen SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly verliert. Drei CSU-Kandidaten hat Maly schon verschlissen, der erste war sogar amtierender Oberbürgermeister, als die Nürnberger ihre Liebe zu Maly entdeckten. Die hält konstant an, sodass CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm, der sich vor zwei Jahren mit nur knapp 24 Prozent der Stimmen eine katastrophale Niederlage abholte, jetzt lieber für den Bundestag kandidiert, anstatt eine zweite Watschn zu kassieren.

Dabei steht noch gar nicht fest, ob Maly 2020 noch einmal antritt. Dann wird er 60 Jahre alt, das ist nicht zu alt, aber Maly kann überzeugend darlegen, dass er sich in ausreichendem Maß für seine Familie, die italienische Küche und Wanderurlaube interessiert, um auch ohne politisches Amt ein erfülltes Dasein zu führen. Das erläutert er meistens dann, wenn ihn jemand fragt, ob er eigentlich Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl werden will. Das will er natürlich nicht, er hat ja gesehen, wie es einem anderen beliebten Oberbürgermeister ergangen ist, und außerdem fehlt ihm jener unbedingte Ehrgeiz, mit dem ein anderer Nürnberger ausreichend ausgestattet ist. Dieser, Markus Söder, ist CSU-Bezirkschef in seiner Heimatstadt und es schmerzt ihn bitter, dass auf dem OB-Sessel ein Sozi sitzt. Er wird nun wieder jemanden finden müssen, der sich eine Kandidatur zutraut. Sich selber würde er das freilich, aber das steht nicht zur Debatte. Es geht ja nicht. Schließlich muss irgendwer auch den Ministerpräsidenten machen.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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