Mitten in Hof:Fotogenes Fernweh

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Beim Verteilen kultureller Güter in Franken hatte Hof ein bisschen Pech. Und doch: Auch aus Hof gibt es Selfies. Doch das Motiv kommt bald abhanden

Von Olaf Przybilla

Es gibt wenige Landstriche, die auf so engem Raum mit so vielen kulturellen Gütern gesegnet sind wie Oberfranken. Und nein, das ist keine Ironie, sondern schlicht die Wahrheit. Bamberg ist Welterbestadt, Bayreuth hat auch sein Welterbe, über Coburg wacht eine der bedeutendsten Festungen der Republik, über Kronach eine der schönsten und in Forchheim gingen die Kaiser ein und aus. Und dann gibt es noch die Stadt Hof in Oberfranken, die hatte, was das betrifft, ein bisschen Pech. Hof hat jemand mal das "Manchester Bayerns" genannt, nun ja. Es gibt dort ein reizendes Gewässer, das auf den Namen Untreusee hört. Und es gibt, beziehungsweise gab, einen wirklich interessanten Flughafen. Aber ob man dafür eigens von der Autobahn runterfährt? Schwierig.

Hof war nie Residenzstadt, es hat sich nicht ergeben, was soll's. Aber natürlich lebt jeder Tourismus-Chef davon, dass er irgendwas auf ein Schild schreiben kann. Das geht in Hof mit dem "Wärschtlamo", einem mobilen Verkäufer robust gewürzter Fleischspezialitäten. Und es geht mit dem "Fernwehpark", einer Ansammlung bunter Ortsschilder aus aller Welt. Angelegt hat diesen Park ein Mann namens Klaus Beer, der für seinen langjährigen Arbeitgeber, die Sparkasse, mal die Formulierung "Lebensgefängnis" gewählt hat. Gemeinhin versuchen Menschen, in eine Bank einzubrechen. Am Anfang dieses Parks stand offenbar der Gedanke, da irgendwie wieder rauszukommen. Beer brachte von seinen exzessiven Reisen Schilder mit, stellte sie an der Saale auf und irgendwann tat es ihm halb Hof gleich. Selfies aus Hof? Oh doch, die gibt es. Der Fernwehpark dürfte das beliebteste Motiv der Stadt sein.

Was nun dazu führt, dass die etwa 2000 Schilder demnächst Hof verlassen sollen? Ein Lokalhistoriker wird darüber hoffentlich mal einen schönen 800-Seiter vorlegen. Es gab Zoff, das in aller Kürze, um ein original amerikanisches Spezialitätenlokal am Park, Debatten über zu wenig Platz für die Schilder und zu wenig Geld für die erneuerungsbedürftigen Pfähle. Irgendwie hatte man zuletzt den Eindruck: Der Fernwehpark und Hof haben sich auseinandergelebt. Aber es soll weitergehen mit dem Park, in einem Ort gleich in der Nähe. Nächste Station für fotogenes Fernweh: Oberkotzau.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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