Mitten in Hof:Der König unter den Bahnhöfen

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Der Hofer Bahnhof ist mindestens der schönste der Welt, doch die Bahn will ihn verkaufen. Die Stadtspitze erfuhr das aus der Lokalzeitung - und ist perplex

Von Katja Auer

Wer in Hof lebt, der kennt sie schon, diese mitleidigen Blicke. Von Südbayern meistens, die sich ernsthaft fragen, wie es denn soweit im Norden auszuhalten sei. So weit weg vom Chiemsee und von den Alpen und vom Oktoberfest. Das weist der Hofer dann umgehend zurück und erzählt vom Untreusee, vom Fichtelgebirge und vom Schlappentag, an dem die Hofer in Pantoffeln zum Biertrinken gehen. Und von all den anderen Besonderheiten dieser Stadt. Dem Wärschtlamo zum Beispiel, einem wohl deutschlandweit einmaligen Berufsstand, der in Hof heiße Würste aus dem Messingkessel anbietet, die nicht gegrillt, sondern im Wasserdampf erhitzt werden. Einen besonderen Flughafen haben sie da auch, von dem wird allerdings nicht so gerne erzählt, weil die Geschichte recht kurz ist. Lieber noch vom Bahnhof.

Der wurde 1880 gebaut, weil der alte zu klein geworden war, und ist so prächtig ausgestattet wie anderswo die Rathäuser. Ein Königssaal wurde eingerichtet, damit die Monarchen aus Bayern und Sachsen dort zusammentreffen konnten, denn Hof liegt an der Grenze. Auch nahe der zu Tschechien, was Hof gut 100 Jahre später große Aufmerksamkeit beschied, als die ersten Züge mit Flüchtlingen aus der Prager Botschaft Bayern eben in Hof erreichten.

Ein durchaus geschichtsträchtiger Bau also, was die Bahn offenbar nicht groß beeindruckt. Denn jetzt will sie ihn verkaufen. Das hat die Stadtspitze aus der Lokalzeitung erfahren und reagiert entsprechend mieslaunig auf die Ankündigung. Nicht nur, dass die Bahn den Bahnhof "systematisch runtergewirtschaftet" habe, wie es ein Sprecher formuliert. Immerhin gehöre der Hofer Bahnhof auch mindestens zu den Top 10 der Umsteigebahnhöfe in Bayern, vielleicht sogar zu den Top 5. Hilft offenbar auch nichts. Jetzt soll an einem Runden Tisch noch mal diskutiert werden.

Die Toiletten am Bahnhof will die Stadt erst mal selbst betreiben, sonst müsste wohl auch der Imbiss schließen. Was aus dem Königssaal wird, ist noch unklar. Die Könige aus Bayern und Sachsen haben sich dort übrigens nie getroffen. Jetzt gibt es keine mehr. Was wiederum den Franken deutlich weniger mitleidige Blicke abringt als den Südbayern.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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