Mitten in Bayern:Rettet die Mathematik!

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Selbst in akademischen Kreisen gilt es als Auszeichnung, von Mathematik keine Ahnung zu haben. Ist es da nicht folgerichtig, auch das Pflicht-Abi in Bayerns meistgehasstem Schulfach abzuschaffen? Bloß nicht! Ein Aufschrei

Von Hans Kratzer

Schüler sind vom Stress geplagt, deshalb fordert der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) eine Abkehr von der verpflichtenden Deutsch- und Matheprüfung für alle Abiturienten. Der Beifall vieler Eltern und Schüler ist dem Verband gewiss. Die Mathematik ist das meistgehasste Schulfach, und anstrengend ist sie obendrein. Mathe-Abitur? Nein danke! Von Mathematik keine Ahnung zu haben, gilt auch in gebildeten Kreisen als Auszeichnung.

Gemessen am Bruttosozialprodukt liegt der Freistaat auf dem siebten Rang in Europa. Der Zentralschlüssel dieses wirtschaftlichen Erfolgs ist die Mathematik. So gut wie jede Branche ist von diesem Fach abhängig, selbst ein Friseur kommt um die Anwendung des Dreisatzes nicht herum. Die Rechenkunst hat in Bayern schon früh Wurzeln geschlagen. Aus Franken stammt zum Beispiel der große Zahlenmeister Adam Riese, nach dessen Regeln Generationen von Schülern das Einmaleins gelernt haben. Und doch fremdelt das moderne Bayern mit diesem Fach auf absurde Weise.

Die Fähigkeit zum Kopfrechnen hat dramatisch abgenommen, viele Handwerksbetriebe klagen über Auszubildende, die nicht einmal das kleine Einmaleins beherrschen. Das Addieren, Subtrahieren, Dividieren und Multiplizieren ohne Taschenrechner wird zwar noch gelernt, aber es bleibt nichts hängen. Vom Satz des Pythagoras, von den binomischen Formeln und quadratischen Gleichungen ganz zu schweigen. Die Noten einer Mathematik-Klausur, die alle bayerischen Zwölftklässler 2014 geschrieben haben, waren fast eine Note schlechter als das Mathe-Abitur vom Vorjahr - es durften nämlich keine Taschenrechner und Hilfsmittel benützt werden.

Die bayerischen Universitäten melden eine horrende Quote von Studienabbrechern in den naturwissenschaftlichen Fächern - die Hauptursache sind fehlende Grundlagen im Fach Mathematik. Die nun um den Vorschlag des BLLV erweiterte Geschichte der Schul-Mathematik in Bayern ist eine Geschichte des pädagogischen Irrlichterns und des Glaubens, es gehe auch ohne mathematische Anstrengung. Eine neue Studie der University of Southern California besagt jedoch, der wichtigste Einflussfaktor für Wohlstand sei die Mathematik.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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