Michael Adam:Der SPD-Landrat und sein Sherpa von der CSU

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Schunkeln mit Margot Hellwig, Gratis-Kuchen und Kufstein-Lied: Mit einem volkstümlichen Wahlkampf wurde Michael Adam im niederbayerischen Regen jüngster Landrat der Republik. Jetzt zeigt sich, dass der SPD-Shootingstar dabei kräftige Unterstützung bekam - aus dem gegnerischen Lager.

Wolfgang Wittl

Christian Ude hin oder her, so ein Auftritt mit Margot Hellwig ist nicht zu toppen: 500 schunkelnde Senioren sitzen im Faltersaal in Regen und erleben mit leuchtenden Augen, wie Michael Adam beim Kufstein-Lied zwar nicht schwindelnde Höhen, aber immerhin die Bühne erklimmt.

Michael Adam, seit November Deutschlands jüngster Landrat. (Foto: SEYBOLDT4MEDIA)

Auch Kaffee und Kuchen gibt es gratis an diesem 27. Oktober 2011, einen Monat später wählen die Regener ihren neuen Landrat, den jüngsten in Deutschland: Michael Adam, damals 26 und von der SPD, die im Bayerischen Wald normalerweise noch weniger zu melden hat als ein Staatssekretär am Kabinettstisch Horst Seehofers.

Auch der mehr als 50 Jahre herrschenden Regener CSU dämmert langsam: Mit dem Tod von Heinz Wölfl, der sein Auto gegen einen Baum lenkte, weil er vor lauter Schulden keine andere Lösung sah, ist das Ergebnis nicht zu erklären.

Adam hat die dubiosen Verstrickungen seines Vorgängers nie thematisiert. Sein Wahlkampf fußt auf dem Besuch des Münchner Oberbürgermeisters, auf volkstümlicher Musik und auf anderen Ideen, von denen sich manche fragen, woher sie stammten und wie er sie finanzierte.

Eine dieser Fragen hat Adam nun in einer Ausführlichkeit beantwortet, die seinen Ruf als Selfmade-Landrat aus Sicht seiner Gegner ankratzt: In einem Referenzschreiben bestätigt Adam, "Herr Andreas Lambeck persönlich" sei "als Wahlkampfleiter seitens des SPD-Unterbezirks Regen mit Planung und Durchführung des SPD-Landratswahlkampfs beauftragt" gewesen. Im Wahlkampf war von einer Beteiligung Lambecks offiziell nie die Rede gewesen, wohl auch deshalb, weil sie Fragen aufwerfen könnte.

Adam war in den vergangenen dreieinhalb Jahren Bürgermeister von Bodenmais, Lambeck ist Geschäftsführer der Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH (BTM), die sich um die Vermarktung des vom Fremdenverkehr abhängigen 3400-Einwohner-Marktes kümmert. "Ich glaube zwar nicht, dass man als Landratskandidat sein Wahlkampfteam offiziell benennen muss", sagt Adam, aber er habe "nichts zu verbergen". Tatsächlich ist Lambeck sogar Mitglied der CSU. Ihn habe die Aufgabe gereizt, von der SPD habe er "keinen Cent" verlangt.

Bereits am 28.11.2011, einen Tag nach der Stichwahl, bescheinigt Adam seinem Wahlkampfchef: "Alle Leistungen wurden (. . .) zur vollsten Zufriedenheit erbracht." Er listet 17 Punkte auf, darunter die Entwicklung des Wahlkampfslogans und die Ausarbeitung eines Zukunftskonzeptes. Fazit: "Die erbrachten Wahlkampf-Dienstleistungen können wir uneingeschränkt weiterempfehlen."

Lambeck, 44, ist in der Tourismusbranche eine umstrittene Figur. 2006 hielt der Spiegel ihm als Geschäftsführer eines Internet-Reiseanbieters "abstruse Kampagnen" vor. Die Firma warb nach dem Tsunami 2004 damit, dass von jeder Buchung in die betroffenen Gebiete 25 Euro als Spende für die Flutopfer abgeführt würden. Aber das Geld kam nicht an.

Lambeck wollte von der Aktion nichts gewusst haben, verwies auf Mitarbeiter, letztlich spendete die Firma 1850 Euro. Ein andermal verklagte er George W. Bush nach dem US-Einmarsch in den Irak, weil seine Firma wirtschaftliche Schäden erlitten habe.

Seit 2007 steigerte Lambeck die Übernachtungszahlen in Bodenmais um mehr als 30 Prozent. Das von Adam erhoffte Ziel von einer Million Gäste verfehlte die BTM 2011 mit 860.000 Übernachtungen jedoch. Lambecks Vertrag läuft bis 2014, doch Wahlkampf, sagt er, das gefalle ihm. Die CSU-Zentrale könne gerne anrufen, wenn sie nicht wie die Parteifreunde in Regen einen Wahlkampf der siebziger Jahre hinlegen wolle.

© SZ vom 09.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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