Listenkandidat Georg Fahrenschon:Ohne Netz und doppelten Boden

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Der Staatssekretär Georg Fahrenschon hat kein Direktmandat mehr. Deswegen muss er nun in ganz Oberbayern auf Stimmenfang gehen.

Andreas Ostermeier

Georg Fahrenschon ist derzeit viel unterwegs - mehr als andere Landtagskandidaten. "Ganz Oberbayern ist mein Wahlkreis", sagt der Finanzstaatssekretär und CSU-Landtagskandidat aus Neuried dazu.

Gibt sich als Mann der Finanzen: Georg Fahrenschon von der CSU. (Foto: Foto: dpa)

Da er keinen Stimmkreis erhalten hat und deshalb allein auf das Ergebnis der Zweitstimmen angewiesen ist, muss Fahrenschon überall um Unterstützung werben, wo er gewählt werden kann, in ganz Oberbayern eben. Lieber wäre ihm ein Stimmkreis gewesen, am besten der im Landkreissüden, wo er wohnt und wo er sich auskennt - auch deshalb, weil er diese Region bereits im Bundestag vertreten hat.

Plötzlich ein Problem

Doch das hat nicht geklappt. Zu dem Zeitpunkt, als die Kreis-CSU über die Landtagskandidatur befand, im Juli 2007, war Fahrenschon noch Bundestagsabgeordneter in Berlin. Nichts deutete auf einen Wechsel auf die landespolitische Bühne hin. Parteizentrale und Staatskanzlei hatten auf entsprechende Anfragen aus dem CSU-Kreisvorstand eine Kabinettsbeförderung Fahrenschons stets verneint.

Der Weg für Kerstin Schreyer-Stäblein war frei. Als Fahrenschon dann doch zum Staatssekretär im Finanzministerium ernannt wurde, hatten er, Kerstin Schreyer-Stäblein und die gesamte Kreis-CSU plötzlich ein Problem.

Um seine landespolitische Zukunft durch ein Direktmandat in seiner Heimat abzusichern, beantragte Fahrenschon eine erneute Nominierungsversammlung. Weidenbusch stimmte zu und provozierte damit einen Aufstand an der Parteibasis. Vor allem die Frauen-Union begehrte auf und stärkte Kerstin Schreyer-Stäblein den Rücken. Schließlich ruderte Weidenbusch zurück.

Jetzt müsse er also "ohne Netz und doppelten Boden" antreten, sagt der Neurieder. Deshalb erklimmt er Bergeshöhen und stellt mit Vertretern des Alpenvereins eine neue Karte vor, demonstriert mit Kultusminister Siegfried Schneider zusammen seine Fähigkeiten im Kühemelken und Stallausmisten und saust heim nach Neuried, um am Samstagvormittag bei seinem Ortsverband um Stimmen zu werben.

Auf Platz fünf der CSU-Liste, "da finden Sie Ihren Nachbarn", sagt er in seiner Rede. Ein bisschen Wahlkreiskandidat will er dann doch sein und betont, dass die Wähler aus dem Würmtal gerade ihm, dem Neurieder vertrauen sollen.

So spricht er neben Finanzthemen eben auch viel über kommunale Anliegen, über die Biotech-Unternehmen in Martinsried, über den Autobahn-Südring oder das Geld für den Ausbau von Schulen, Krippen und Kindergärten. Die Landeshauptstadt und der Landkreis München erbrächten 38 Prozent der bayerischen Steuergelder, sagt Fahrenschon.

Da ist es seinen Worten nach nur recht und billig, wenn einer aus dem Landkreis auch am Kabinettstisch darüber mitentscheidet, was mit dem Geld gemacht wird. Und wer will, dass das so bleibt, der müsse ihn unterstützen, sagt der CSU-Finanzpolitiker.

Damit hat er wohl recht, denn ohne Landtagsmandat dürfte er am Kabinettstisch keinen Platz mehr finden. Seine steile Karriere vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jungen Union über Ämter im Gemeinderat Neuried und im Kreistag von München-Land bis in den Bundestag und ins bayerische Kabinett wäre in diesem Fall erst einmal unterbrochen.

Doch solche Szenarien spielen in Fahrenschons Reden keine Rolle. Der Neurieder wirbt stattdessen mit klaren Botschaften um eine absolute Mehrheit bei der Wahl. Bayern könne nur "stark bleiben", wenn die CSU keine Koalition eingehen müsse, sagt er. Und rhetorisch fragt er ins Publikum, ob jemand glaube, die Innenpolitik würde mit der FDP, die Finanzpolitik mit der SPD oder die Familienpolitik mit einer Gabriele Pauli von den Freien Wählern am Kabinettstisch besser.

Trotz Abgrenzung zu den anderen Parteien, trotz Wahlkampf, Fahrenschon bleibt jedoch in solchen Momenten ziemlich sachlich und verstärkt das Bild, das er von sich zeichnet, das Bild eines Mannes der Finanzen. Andere Parteien bezeichnet er - ganz im Sprachgebrauch der Wirtschaftswelt - als "Mitbewerber", redet über seine Aufgaben als Finanzstaatssekretär, über den Länderfinanzausgleich oder die Reform der Erbschaftsteuer.

Er hat die Zahlen parat, und er gibt jederzeit das Bild eines seriösen Finanzfachmannes ab. Als solcher wirbt er auch auf seinem Wahlplakat, hat sich die Eigenschaft "finanzfit" darauf schreiben lassen.

Herr der Schlösser

Doch es gibt nicht nur den Georg Fahrenschon als Mann der Finanzen, es gibt auch einen anderen, einen, dem man ansieht, dass ihm seine Aufgabe als Staatssekretär richtig Spaß macht. In solchen Augenblicken ist dann nicht die Rede von Geldtransfers zwischen den Bundesländern oder Schwierigkeiten von Mittelständlern mit der Erbschaftsteuer.

Diese Augenblicke hängen zusammen mit seiner Aufgabe als "Herr der bayerischen Schlösser". Da steht er dann im Versailles von Ludwig II., in Herrenchiemsee, und staunt über die Prachtentfaltung des Märchenkönigs, freut sich, wenn er eine Marmortreppe hinaufsteigen kann, die der König einst nur für sich hat erbauen lassen, und klettert schon mal über eine Absperrung, um seinen Gästen eine versteckte Treppe zu zeigen.

Das ist die Schauseite seines Amtes, und der Neurieder hat augenscheinlich Spaß daran, sie zu zeigen - so als er mit Vertretern des TV Planegg-Krailling an den Chiemsee gefahren ist, weil er ihnen zum 100-jährigen Bestehen des Sportvereins eine Schlossführung zum Geschenk gemacht hatte. Und weil die Besucher aus dem Würmtal nach zwei Stunden Führung noch nicht alles gesehen hatten, was es auf der Herreninsel an Bestaunenswertem gibt, führte Fahrenschon seine Gäste auch noch durchs Chorherrenstift mit den neu hergerichteten Barocksälen.

© SZ vom 16.09.2008/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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