Linke: Gysi in Nürnberg:Eiskalter Populist

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Landesparteitag der Linken: Gregor Gysi schwört die Partei auf den Bayern-Wahlkampf ein - und warnt in einem Interview vor Kältetoten in Deutschland.

Wegen der stark gestiegenen Energiepreise befürchtet der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, im kommenden Winter Kältetote in Deutschland. Die Politik müsse "die Energiekonzerne zwingen, Sozialtarife anzubieten, damit wir in Deutschland keine Kältetoten bekommen", sagte Gysi dem Tagesspiegel am Sonntag.

Gysi in Nürnberg: Hoffen auf ein bundespolitisches Signal. (Foto: Foto: dpa)

Es gebe in Deutschland richtig arme Menschen. Die Gefahr, dass einige von ihnen erfrieren, bestehe tatsächlich, sagte Gysi mit Verweis auf die drastische Erhöhung der Gaspreise. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er Gleichgültigkeit vor. "Es ist beschämend, dass sie nicht wusste, dass Hartz-IV-Empfänger ihre Stromrechnung selbst bezahlen müssen."

Auf dem bayerischen Landesparteitag der Linken stellte Gysi die Partei auf einen schwierigen Wahlkampf ein. Der Einzug der Partei in den bayerischen Landtag hätte aus seiner Sicht bundespolitische Signalwirkung. "Wenn wir in Bayern in den Landtag einziehen, wäre das der bundespolitische Durchbruch der Linken", sagte Gysi am Rande des eintägigen Landesparteitags am Samstag in Nürnberg.

Die Bayern wählen am 28. September ein neues Landesparlament. Die Linke tritt in allen Wahlkreisen an. In allen sieben Regierungsbezirken hat die Partei Wahlkreislisten aufgestellt.

Wahl zwischen Langeweile und Spannung

"Es ist für uns in allen Ländern nicht einfach, in die Landtage einzuziehen. In Bayern ist es für die Linkspartei aber am schwierigsten", räumte Gysi ein. Angesichts der guten jüngsten Umfrageergebnisse sei er aber zuversichtlich, dass den Linken in Bayern der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingt. Für den Wahlkampf seiner bayerischen Parteifreunde kündigte Gysi auch bundespolitische Unterstützung an. Es liege nun an den Bayern, ob sie am Wahlabend ein "langweiliges oder spannendes Wahlergebnis" wollten.

Im zweiten Anlauf hat der bayerische Landesverband der Linken zudem das Programm für die Landtagswahl verabschiedet. Mit fünf Gegenstimmen votierten die 177 Delegierten auf dem Landesparteitag für den dritten Entwurf des gut 50-seitigen Papiers. Ende April war das Vorhaben noch am Streit um die Bildungs- und Beschäftigungspolitik gescheitert.

Die Genossen stimmten dem Programm mit einigen Änderungen und nach langer Diskussion zu. "Es geht um gleiche Chancen für alle", sagte Landessprecherin Eva Bulling-Schröter. Kernpunkte des Papiers sind ein Mindestlohn von 8,50 Euro, der Ausstieg aus der Atomenergie, eine flächendeckende Gesamtschule, Geschlechtergerechtigkeit sowie mehr Demokratie und Mitbestimmung in der Verwaltung. "Wir fordern sinnvolle Arbeit für alle und eine Rente, mit der man in Würde alt werden kann", sagte die mittelfränkische Spitzenkandidatin Anny Heike.

Nach Gysis Ansicht profitiert der Linken vor allem vom Bedürfnis vieler Menschen nach einem "sozialen Korrekturfaktor" nach der neoliberalen Politik des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder.

Dem CSU-Führungsduo Günther Beckstein und Erwin Huber warf Gysi "Opposition gegen sich selbst" vor. So stellten sie kurz vor der Landtagswahl plötzlich die Pendlerpauschale infrage, die sie noch vor zwei Jahren mitbeschlossen hätten. "Ich glaube, dass die Leute diese Wahltaktik der CSU durchschauen. Das ist einfach zu offensichtlich", sagte Gysi.

Die Reaktion von CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer ließ nicht lange auf sich warten. Gysis "Träume" von einem Einzug der Linken in den Landtag seien "genau so realistisch wie Honeckers Fünfjahrespläne". Sie betonte: "Die CSU wird dafür sorgen, dass Altkommunisten und Linksextremisten in Bayern keinen Fuß auf den Boden bekommen."

Heftig kritisierte Gysi auch den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Franz Maget. Der betreibe eine solch "scharfe Oppositionspolitik", dass ihn fast niemand in Bayern kenne. "Der soll erst mal lernen, Opposition zu machen und das werden wir ihm beibringen."

Führende Vertreter der Linken, die in Bayern nach eigenen Angaben rund 2800 Mitglieder hat, kündigten für den Fall eines Landtags-Einzugs eine bunte und lebendige Oppositionsarbeit an. "Damit wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass in der darauffolgenden Wahlperiode der Wechsel gelingt - und zwar mit uns", sagte der Spitzenkandidat in Oberbayern, Fritz Schmalzbauer. In ihrem Wahlprogramm, das am Samstag im zweiten Anlauf verabschiedet werden sollte, spricht sich die Partei unter anderem für eine Abschaffung der Hartz-IV-Regelung, einen Mindestlohn, Gesamtschulen und einen Ausbau des Bus- und Bahnnetzes aus.

© dpa/ddp-bay/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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