Kommentar:OB = ohne Bürger

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Oberbürgermeister Kurt Gribl hätte eigentlich wissen müssen, dass er nicht dermaßen an den Augsburgern vorbei regieren kann

Von Stefan Mayr

Kurt Gribl ist bundesweit einer der wenigen Oberbürgermeister der Union in einer Großstadt, er wird demnächst Vorsitzender des Bayerischen Städtetags und gilt als kommunalpolitischer Vorzeigemann der CSU. Doch beim Thema kommunale Energieversorgung hat er allen nur eines gezeigt: wie man es nicht macht. Gribl wollte die kommunale Stadtwerke Energie GmbH mit dem Privatversorger Erdgas Schwaben fusionieren - und scheiterte damit per Bürgerentscheid auf ganzer Linie. Stadt und Stadtwerke gaben enorm viel Geld für eine PR-Kampagne aus, und dennoch stimmten weniger als 15 000 Menschen für Gribls Ratsbegehren. Das sind gerade einmal sieben Prozent der Wahlberechtigten. Was für eine Niederlage.

Am Montag danach empfing Gribl - wie lange geplant - Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Zum Spatenstich am Hauptbahnhof, um den Baubeginn des Straßenbahntunnels unter den Bahnschienen zu zelebrieren. Die Arbeiten am Tunnel laufen seit vielen Monaten, dieser Spatenstich war geradezu grotesk. Sein einziger Zweck: Die Politiker in die Medien zu bringen - und dabei zu zeigen, dass die Bundespolitik hinter dem umstrittenen 180-Millionen-Projekt steht. Ungewollt demonstriert Gribl mit diesem Fake-Termin aber vor allem: So gut er auch mit der CSU-Spitze vernetzt sein mag, von seinen Bürgern ist er weiter entfernt denn je.

Dies bewies auch der Bürgerentscheid. Bei dem emotional aufgeladenen Thema kommunale Daseinsvorsorge agierte Gribl höchst unglücklich. Zuerst sprach er den Bürgern die Kompetenz zum Mitreden ab. Dann ließ er das erste Bürgerbegehren aus juristischen Gründen ablehnen - nur um damit eine weitere Unterschriftensammlung zu provozieren. Damit war die Niederlage wohl programmiert. Gribl scheiterte nicht, weil ihm die Argumente ausgingen. Sondern weil ihm die Bürger einen Denkzettel verpassen wollten. Ihre Botschaft: Auch als CSU-Überflieger kann man umstrittene Projekte nicht ohne die Bürger durchdrücken, sondern nur mit ihnen. Er hätte das vorher wissen können.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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