Kommentar:Miserable Vorbilder

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Der Abgeordnete Bernhard Pohl ist betrunken Auto gefahren - nicht sein erster Verstoß gegen Regeln und Gesetze. Freie-Wähler-Chef hält trotzdem an ihm fest. Das ist ein Unding

Von Stefan Mayr

Müsste man das Verhalten der Freien Wähler in der Alkohol-Affäre Pohl benoten, gäbe es nur eine mögliche Zensur: Sechs. Die ansonsten ach so bürgernahe Vereinigung sendet befremdliche Signale: Da verstößt ihr Landtags-Abgeordneter Bernhard Pohl wiederholt gegen Regeln und Gesetze - und das nicht mit irgendwelchen Lappalien, sondern mit unverantwortlichen Aktionen, die das Leben seiner Mitmenschen gefährden. Dennoch darf Pohl nach einer "Entschuldigung" sein Mandat behalten und Chef des FW-Bezirks Schwaben bleiben. Lediglich sein Amt als Vizechef der Landtags-Fraktion lässt er vorübergehend "ruhen". Reicht das? Nein.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich FW-Chef Hubert Aiwanger vorzustellen, wie er loswettern würde, wenn ein CSU-Abgeordneter so oft gegen Gesetze verstoßen hätte wie Pohl. Aiwanger würde das Festhalten an so jemandem als Beweis für die Arroganz der Macht geißeln. Er würde mit derartigem Verhalten die wachsende Politikverdrossenheit begründen - und das zu Recht. Aber im Fall Pohl greift er nicht durch, sondern schiebt die Verantwortung dem Bezirk Schwaben zu.

Nun gilt bis zum Abschluss der Ermittlungen die Unschuldsvermutung, und es ist tatsächlich möglich, dass Pohls Trunkenheitsfahrt nur als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Aber selbst wenn Pohl vor dem Gesetz noch einmal glimpflich davonkommen sollte, vor dem Bürger hat er endgültig jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Er hat seine Berechtigung als Volksvertreter verwirkt, er ist eine Belastung für die Freien Wähler. Ja, Politiker dürfen Menschen sein und Schwächen zeigen. Aber sie dürfen nicht betrunken aufs Gaspedal steigen, schon gar nicht, nachdem sie mehrmals wegen Verkehrsdelikten belangt wurden und mit überhöhtem Tempo jemanden zu Tode gefahren haben.

Bernhard Pohl und Hubert Aiwanger sollten ihrer Verantwortung gerecht werden und Konsequenzen ziehen, die diesen Namen auch verdienen.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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