Kommentar:Merks nächster Schnitzer

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Sollte sich erhärten, dass das Justizministerium gelogen hat, wäre das ein Grund für den Rücktritt der Ministerin - theoretisch

Von Stefan Mayr

Zuerst der Mollath-Skandal, jetzt die Affäre Schottdorf. In Beate Merks Amtszeit als Justizministerin hat das Ministerium nun schon zweimal zweifelhafte Stellungnahmen auf den Tisch gelegt. Ausgerechnet in jenem Ministerium, das für die Rechtspflege zuständig ist, hat man es mit der Wahrheit allem Anschein nach nicht so genau genommen. Schlimmer noch: Der Verdacht liegt nahe, dass die CSU eine Strafverfolgung verhindert hat, um die eigene Macht zu sichern. 2008 stand die Landtagswahl bevor, und die Staatspartei wollte offensichtlich nicht die mächtige Ärzteschaft vergraulen.

Die Außenwirkung der Vorgänge in der bayerischen Justiz ist verheerend. Falls sich der Verdacht einer vorsätzlichen Lüge erhärten sollte, könnte das auch ein guter Grund für einen Rücktritt von Merk sein - theoretisch. Dass sie als Justizministerin nicht mehr tragbar war, erkannte Kabinettschef Seehofer schon 2013. Deshalb schob er sie auf den Posten der "Staatsministerin für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen" ab. Wahrscheinlich wird sie ihr Amt aber weiter behalten dürfen. Denn nach Christine Haderthauer kann Seehofer schlecht noch eine zweite Frau aus dem Kabinett werfen, vor allem dann, wenn sie auch noch aus Schwaben stammt. Würde Seehofer Merk entlassen, geriete sein Kabinett aus dem Gleichgewicht. Wenigstens auf eins kann er bauen: Das Thema Schottdorf ist zu kompliziert, um die breite Masse der Wähler zu elektrisieren.

Dabei betrifft dieser Labor-Betrug Tausender Ärzte jeden einzelnen Bürger. Denn er treibt bis heute die Kosten des Gesundheitssystems hoch. Umso schlimmer ist es, dass er ungeahndet blieb. In dieser Hinsicht ist auch das Verhalten der fünf CSU-Mitglieder im Untersuchungsausschuss bemerkenswert: Der Vorsitzende Alexander König will mit seinen Fragen erkennbar nicht aufdecken, sondern die Beteiligten schützen. Und seine Parteikollegen sitzen da, arbeiten ihre Post ab oder irgendwelche Mappen durch und schweigen.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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