Kommentar:Leonardo als Mahner

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Das Schicksal des Flüchtlingsbuben Leonardo, der beinahe an einer Infektion gestorben wäre, hat viele bewegt. Inzwischen ist die medizinische Versorgung in der Erstaufnahmeeinrichtung Zirndorf besser geworden. Dennoch sind weitere Verbesserungen überfällig

Von Katja Auer

Die Geschichte des kleinen Leonardo hat viele Menschen bewegt. Der Bub hatte im Dezember 2011 eine Meningokokken-Infektion, die aber so spät erkannt wurde, dass er beinahe starb und sein Leben lang gezeichnet sein wird. Ein Bereitschaftsarzt und zwei Wachleute der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf standen deswegen vor Gericht. Und wurden nun freigesprochen. Es lasse sich nicht mehr aufklären, was genau passiert sei.

Klar wurde allerdings im Prozess, wie schlecht die medizinische Versorgung von Asylbewerbern lange war. Und wie erschreckend unzulänglich organisiert. Da entschieden Wachleute an der Pforte - ohne jedes Fachwissen - ob ein Notarzt gerufen wurde oder nicht. Das war nicht nur leichtfertig den Asylbewerbern gegenüber, sondern bürdete auch dem Sicherheitspersonal eine immense Verantwortung auf. Als Leonardos Eltern mit ihrem kranken Kind kamen, riefen die Männer keinen Notarzt. Wäre ein Mediziner vor Ort gewesen, er hätte den Jungen wohl sofort in die Klinik eingewiesen. Er hätte weniger leiden müssen.

Inzwischen hat sich einiges verbessert in Zirndorf. Aber nicht wegen Leonardo, sondern weil im vergangenen Jahr so viele Menschen Zuflucht suchten, dass die Regierung einfach handeln musste. Jetzt gibt es Screening-Ärzte im Lager und tägliche Sprechstunden. Und Honorarvereinbarungen, so dass die Flüchtlinge nicht erst einen Krankenschein brauchen, bevor sie einen Arzt aufsuchen können. Endlich. Ein Gesundheitszentrum allerdings steht immer noch nicht. Das ist zwar lange geplant und dringend notwendig, bis ein neuer Containerbau steht, wird aber noch einige Zeit vergehen. Was genau so lange dauert, ist nur schwer nachvollziehbar und so drängt sich der Eindruck auf, dass die politischen Prioritäten andere sind. Auch eine psychologische Betreuung gibt es nicht, obwohl viele Flüchtling schwer traumatisiert in Zirndorf ankommen. Es muss sich noch einiges verbessern bei der Versorgung. Leonardos Geschichte sollte eine Mahnung sein.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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