Kommentar:Bayerische Gewaltenteilung

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Der Fall Schottdorf belegt eindrucksvoll die Zustände in der Justiz

Von Stefan Mayr

Dies ist die schaurige Zwischenbilanz des Untersuchungsausschusses Labor: Bayerns Staatsanwälte werden bei brisanten Strafverfahren von der Politik an der kurzen Leine gehalten. Manch unliebsamer Ermittler wird gar zur Marionette des Justizministeriums degradiert. Dabei werden die Fäden nie direkt von den Politikern gezogen, sondern von den Generalstaatsanwälten. In das Ermittlungsverfahren gegen den Augsburger Labor-Millionär Bernd Schottdorf - CSU-Mitglied und früherer Mandant des Parteipolitikers Peter Gauweiler - hat die Generalstaatsanwaltschaft München massiv eingegriffen. Das haben Zeugen bestätigt, die über jeden Zweifel erhaben sind: ein Landgerichtspräsident, mehrere Oberstaatsanwälte. Geradezu unerträglich klingt da die Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen, wonach es keine Eingriffe gegeben haben soll. Das ist falsch.

Die Generäle, wie Generalsstaatsanwälte im Juristendeutsch heißen, hatten regelmäßig Kontakt ins Justizministerium. Und dabei wurde nicht nur nach oben berichtet, wie es offiziell immer heißt, sondern allem Anschein nach auch um Erlaubnis gefragt. Offiziell soll die Berichtspflicht der Staatsanwälte in wichtigen Verfahren gewährleisten, dass die Rechtsprechung im Bezirk des Generals einheitlich bleibt. Doch genau das war im Fall Schottdorf nicht der Fall. Im Gegenteil: Die Staatsanwälte in Augsburg und München gingen exakt gegensätzlich vor. Mit einem untragbaren Ergebnis für einen Rechtsstaat: Ein Arzt musste hinter Gitter, Hunderte andere blieben dagegen straffrei, obwohl sie denselben Betrug begangen hatten.

Jedes Schulkind lernt in Sozialkunde, dass die Gewaltenteilung ein grundlegendes Element der Demokratie ist. Im Machtapparat des Freistaats nimmt man das nicht so genau: Da wird im Zweifel von der Exekutive auf die Judikative durchregiert. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte gehört abgeschafft, auch das hat dieser Untersuchungsausschuss gezeigt.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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