Klagen von Transportunternehmen:Wenn Straßen verfallen

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Straßenwärter der Autobahnmeisterei bessern Schlaglöcher auf der A9 aus. (Foto: Jakob Berr)

Marode Straßen und Brücken zwingen bayerische Transportunternehmer immer öfter zu kostspieligen Umwegen. Für sie ist klar: Es muss mehr Geld in den Straßenbau gesteckt werden. Eine Ausweitung der Maut lehnen sie aber ab, die Branche kämpft mit ganz anderen Problemen.

Von Ralf Scharnitzky, München

Brückensperrungen, Tonnagebeschränkungen, Umleitungen: Bayerns Transportunternehmer müssen immer öfter Umwege einplanen, um ihre Ware ans Ziel zu bringen. Das bundesdeutsche Verkehrsnetz gilt zwar als eines der besten der Welt, ist aber inzwischen an vielen Stellen marode. "50 Prozent ihrer Zeit verbringen die Fahrer im Stau", weiß Transportunternehmer Siegfried Zetzl aus Röthenbach an der Pegnitz.

Auch sein Kollege Eberhard Greilmeier aus Schwindegg beklagt, dass die Einhaltung der Termine wegen der schlechten Straßen immer schwieriger wird. Für den Landesverband bayerischer Transport- und Logistikunternehmer (LBT) ist deshalb klar: Es muss mehr Geld in den Straßenbau gesteckt werden. Nur: Dass möglicherweise ihre Unternehmen allein dafür zur Kasse gebeten werden sollen, passt dem Verband ganz und gar nicht.

Die größte Sorge sind die Straßen

Alpentransit, Fahrermangel, fehlende Parkplätze an Autobahnen, Mindestlohn und Spesenregelung - alles wichtige Probleme für die Transport- und Logistikbranche mit 20 000 Beschäftigten im Freistaat. Doch die größte Sorge der Unternehmer sind derzeit die Straßen - die wichtigste Voraussetzung für ihre Arbeit überhaupt.

Genau: etwa 13 000 Kilometer Autobahn, knapp 40 000 Kilometer Bundesstraßen und ein gigantisches Netz von 600 000 Kilometern Staats- und Gemeindestraßen. Viele davon sind beträchtlich in die Jahre gekommen. "Der Verfall beschleunigt sich ja, wenn man nichts tut", sagt LBT-Geschäftsführer Sebastian Lechner. Und es ist in den vergangenen Jahren zu wenig getan worden - vor allem, weil seit der Wende das meiste Geld in den Aufbau der Verkehrsinfrastruktur in der ehemaligen DDR investiert wurde.

16,5 Prozent der Bundesautobahnen, ein Viertel der Bundesstraßen und 13 Prozent der Brücken an Bundesfernstraßen befinden sich nach dem aktuellen Verkehrsinvestitionsbericht der Bundesregierung in einem schlechten bis sehr schlechten Erhaltungszustand. Ein Drittel der Brücken wird danach in einem gerade noch ausreichenden Zustand bewertet. Nach Expertenberechnungen beträgt der jährliche finanzielle Nachhol- und Erhaltungsbedarf allein bei den Bundesfernstraßen rund 1,3 Milliarden Euro.

Und es tut sich was, zumindest in Bayern. LBT-Präsidiumsmitglied Lechner lobt den Freistaat: "Es geht was voran." So zum Beispiel auf der Autobahn München-Nürnberg, die zwischen Allershausen und Pfaffenhofen dem steigenden Verkehr angepasst wird. Nach einem Bericht der Nordbayerischen Nachrichten hatte Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär (CSU) kürzlich auf dem Unternehmertag des LBT im oberfränkischen Schlüsselfeld davon gesprochen, dass der Bund fünf Milliarden Euro zusätzlich in die Infrastruktur bei Straße, Schiene und Wasser einbringen werde. Allerdings wies sie auch daraufhin, dass man im Gegenzug auch die Lkw-Maut, die bisher nur auf Autobahnen gilt, auf allen Bundesstraßen einführen werde.

"Es darf nicht sein, dass die Zeche allein das Transportlogistikgewerbe bezahlt", sagt LBT-Präsident Hans Wormser. Im Bundesverkehrsministerium gibt es Überlegungen 2015 die Maut auch auf die etwa 1000 Kilometer Bundesstraße, die vierspurig sind, auszuweiten - und 2018 auf alle Bundesstraßen. Zudem soll die Maut künftig für Lkw von 7,5 Tonnen an gelten, bisher liegt die Grenze bei zwölf Tonnen. Geschäftsführer Lechner: "Das würde viele unserer 1600 Mitgliedunternehmen treffen." Nach Ansicht Wormsers könnte sich die Ausweitung der Maut "in einem Flächenland wie Bayern existenzbedrohend für viele Unternehmen auswirken".

Stress am Steuer, Termindruck, lange Staus

Denn so richtig gut geht es der Branche momentan nicht. Nach dem Absturz in der Wirtschaftskrise ging die Fahrt 2011zunächst rasant aus der Talsohle: Die Gütermenge stieg um 9,2 Prozent - die höchste jährliche Wachstumsrate seit der Jahrtausendwende. Doch inzwischen wurde die Entwicklung wieder gebremst: Im vergangenen Jahr stieg die Transportleistung bundesweit nurmehr um ein halbes Prozent. Verbandspräsident Wormser schätzt die Lage so ein: "Nach dem wirtschaftlich schwierigen Jahr spürt unser Gewerbe die aktuell ansteigende Konjunktur in Deutschland und Bayern." Bauwirtschaft, Industrie und Handel sowie der private Konsum gäben Anlass für eine optimistische Einschätzung der Kapazitätsauslastung der größtenteils mittelständischen Mitgliedsbetriebe, die im Branchenverband organisiert sind.

Generell sind die Aussichten für die bayerischen Transportunternehmen allerdings glänzend. Aktuelle Güterverkehrsprognosen sagen bis 2025 ein Wachstum der Transportleistungen um 50 Prozent voraus. Dafür muss allerdings nicht nur das Straßennetz gerüstet sein, sondern auch die Unternehmen selbst. Und die haben erhebliche Probleme mit dem Personal. In Deutschland scheiden pro Jahr bis zu 25 000 Lkw-Fahrer aus Gesundheits- oder Altersgründen aus; es kommen aber nur 10 000 nach. Der Demografiewandel führt dazu, "dass die Wirtschaft um immer weniger junge Menschen streitet", sagt Geschäftsführer Lechner. "Und da haben wir schlechte Karten, wegen der härteren Einsatzbedingungen in unserer Branche."

Den Stressjob am Steuer, den Termindruck und die langen Staus will sich kaum noch ein deutscher Jugendlicher antun, zumal die Führerscheine erheblich teurer geworden sind. Viele Unternehmen können ihre Stellen nur noch mit ausländischen Kräften besetzen. Denn die Unternehmen haben ein wichtiges Reservoir für ihren Nachwuchs verloren: Bis vor ein paar Jahren machten zahllose junge Männer ihre Fahrlizenz kostenlos bei der Bundeswehr und heuerten dann als Lkw-Fahrer an. Die seligen Zeiten fürs Transportgewerbe sind vorbei: Die Wehrpflicht ist abgeschafft.

© SZ vom 20.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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