Jubiläum:Herrscher ohne Land

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Vor 275 Jahren wurde Kurfürst Karl I. zum Kaiser gekrönt

"Meine Krönung ist gestern vor sich gegangen mit einer Pracht und einem Jubel ohne gleichen . . ." Der frisch gekrönte Kaiser Karl VII., der kurz zuvor noch der "schlichte" Kurfürst Karl I. von Bayern war, schwebte in einer erkennbaren Euphorie, als er diese Zeilen am Abend des 12. Februar 1742 in sein Tagebuch schrieb. Ursprünglich hieß er Karl Albrecht von Bayern. Er war der Sohn des Kurfürsten Max Emanuel, der ihn lange auf das Ziel der Kaiserkrönung vorbereitet hatte. Das mit den Wittelsbachern rivalisierende Haus Habsburg, das zwei Jahrhunderte lang die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gestellt und damit aus einer Wahlmonarchie praktisch ein Erbkaisertum gemacht hatte, war tief getroffen. Schon die Vermählung mit der Kaisertochter Maria Amalia 1722 war Teil der bayerischen Strategie, den Kurfürsten Karl I. zum deutschen Kaiser zu machen. Auch die Einrichtung der "Reichen Zimmer" in der Residenz München durch François Cuvilliés unterstrich seine politischen Ambitionen. Die Krönung des bayerischen Kurfürsten zum Kaiser vor genau 275 Jahren in Frankfurt verlief opulent. In einer eigens in Frankreich gekauften Prunkkarosse fuhr Karl zur Krönung. Heute ist der originale Krönungswagen, einer der schönsten Staatswagen des französischen Rokokos, im Marstallmuseum der Bayerischen Schlösserverwaltung in Nymphenburg ausgestellt. Wie der Krönungszug ausgesehen hat, ist anhand eines 21 Meter langen, hinterleuchteten Repros einer zeitgenössischen Grafik dargestellt. Bereits am Tag nach der Krönung holte die Realität den neuen Kaiser ein. Das empörte Haus Habsburg besetzte sofort Bayern und München und läutete damit den blutigen Österreichischen Erbfolgekrieg ein. Karl VII. sollte München für eine lange Zeit nicht mehr sehen, er war ein Kaiser ohne Land. Nach seinem baldigen Tod 1745 endete das Wittelsbacher Kaisertum, es fiel wieder an das Haus Habsburg.

Der Krönungswagen Karls VII. zählt zu einer Sammlung von mehr als 40 Staats- und Galawagen der Wittelsbacher, die das Marstallmuseum in den früheren Stallungen des Nymphenburger Schlosses beherbergt. Es ist damit eines der bedeutendsten Museen seiner Art weltweit.

© SZ vom 15.02.2017 / hak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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