Gabriele Pauli startet Landtagswahlkampf:"Es muss nicht Liebe auf den ersten Blick sein"

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Mit der CSU hat sie abgeschlossen, nun will Gabriele Pauli mit den Freien Wählern für einen "neuen Politikstil" kämpfen. Doch ihre Forderungen bleiben die alten.

Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli will sich in ihrem Landtagswahlkampf für die Freien Wähler vor allem für einen "neuen Politikstil" und mehr Bürgerrechte stark machen. Pauli sagte bei einer Pressekonferenz in Nürnberg, sie habe nach ihrem Austritt aus der CSU erwogen, eine eigene Partei zu gründen. Bei den Freien Wählern sei sie, weil sie gemerkt habe, "dass hier Offenheit im Denken da ist".

Gabriele Pauli bei der Pressekonferenz in Nürnberg zwischen Hubert Aiwanger und Jürgen Dörfler von den Freien Wählern (Foto: Foto: ddp)

Nun trat sie zum ersten Mal an der Seite des Landesvorsitzenden der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, und des Vorsitzenden des FW-Stadtverbandes Nürnberg, Juergen Dörfler, vor die Presse. Die frühere Fürther Landrätin betonte: "Wir möchten, dass die Bürger merken, sie können maßgeblich mitentscheiden." Aufgabe des Staates müsse sein, "Freiheit zu geben und nicht zu nehmen". Die ehemalige Landrätin tritt bei der Landtagswahl Ende September als Direktkandidatin im Stimmkreis Nürnberg-Nord und damit gegen Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) an.

FW-Landeschef Hubert Aiwanger hatte die Kandidatur ursprünglich abgelehnt. Pauli sagte über ihr Verhältnis zu Aiwanger: "Es muss nicht Liebe auf den ersten Blick sein, ist aber ein gutes Miteinander." Die Wahlkampfstrategie werde im Landesvorstand besprochen und sie werde dabei eingebunden. Um einen Posten gehe es ihr bei ihrer Rückkehr in die Politik nicht. An ihren früheren Positionen - auch der Ehe auf Probe - halte sie fest: "Alles was ich bisher gesagt habe, gilt nach wie vor."

Und gesagt hat sie im Laufe der Jahre so einiges.

Auftakt ihrer Rebellion innerhalb der CSU ist der Parteitag 2006 in Augsburg. Hier fällt die rothaarige Landrätin mit den stechend blauen Augen dadurch auf, dass sie als einzige Anwesende den Antrag des Parteikollegen Alfred Sauter unterstützt, den Regierungschef direkt vom Volk wählen zu lassen und seine Regierungszeit auf maximal zehn Jahre - also zwei Legislaturperioden - zu beschränken. Mutig und couragiert nennt man sie damals noch.

Auch wenn dieser Antrag grandios scheitert - Pauli hat offenbar Geschmack an provokativen und vor allem polarisierenden Forderungen gefunden und spricht sich dafür aus, den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl per Mitgliedervotum bestimmen zu lassen. Die CSU erteilt ihr auch hier eine klare Absage. Zu diesem Zeitpunkt ist Pauli schon auf einem unumkehrbaren Anti-Stoiber-Kurs, die Partei ist gespalten.

Pauli gefällt sich in der Rolle der Rebellin. So spricht sie sich gegen den Bau des CSU-Prestigeprojekts Transrapid aus. Die Millioneninvestitionen des Freistaats "könnten für den öffentlichen Personennahverkehr (...) wesentlich wirkungsvoller eingesetzt werden", schreibt sie in ihrem Thesenpapier.

Pauli merkt nicht oder will nicht wahrhaben, dass sie immer mehr ins politische Abseits gerät. Spätestens als sie im September 2007 fordert, die Ehe auf sieben Jahre zu begrenzen, ist Schluss.

Die Rechnung für diese Forderungen und für die erotischen Latex-Fotos in der Park Avenue erhält die heute 51-Jährige auf dem CSU-Parteitag. Neben Erwin Huber und Horst Seehofer kandidiert sie für den Parteivorsitz - und wird abgewatscht. Gerade mal 2,5 Prozent der Delegierten stimmen für sie, das sind 21 Stimmen.

Pauli gegen Beckstein

Doch Pauli macht weiter - ob ihr politisches Engagement damit zusammen hängt, dass sie ihre Pensionsansprüche, die sie als Landrätin erworben hat, erst mit 62 ausbezahlt bekommt, ist unklar.

Auf jeden Fall tritt die einstige CSU-Rebellin, die Edmund Stoiber vom Thron des Ministerpräsidenten stürzte, gegen dessen Nachfolger an. Im Wahlkreis Nürnberg-Nord wird Pauli ihren ehemaligen Förderer und heutigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein herausfordern.

Lesen Sie im zweiten Teil, welche Herausforderungen auf Günther Beckstein zukommen und wie die Freien Wähler zwischen Fremdeln und Annäherung schwanken ...

Gabriele Pauli gründet eigene Partei
:Dritte Wahl

Für die CSU war sie Landrätin, für die Freien Wähler saß sie im Landtag. Nach dem Scheitern bei der Europawahl hat Gabriele Pauli eine eigene Partei gegründet. Eine Karriere in Bildern.

Doch Beckstein weiß, was auf ihn zukommt. Gabriele Pauli war 18 Jahre lang Landrätin von Fürth. Beckstein hatte als langjähriger Bezirkschef von Nürnberg-Fürth-Schwabach auf kommunaler Ebene immer wieder mit ihr zu tun. Und Paulis Bilanz als Kommunalpolitikerin liest sich doch wesentlich erfreulicher als die der Partei-Rebellin.

Als jüngste Landrätin Deutschlands übernimmt die damals 33-Jährige den Landkreis Fürth - und betreibt unauffällig solide Kommunalpolitik. Wirtschaftlich kann sich der Landkreis sehen lassen. Sie reduziert die Schulden, bringt die Region nach vorne. Die Kaufkraft der Einwohner liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt und auch die Dienstleistungsquote, die 2007 bei 57 Prozent lag, zeigt, dass der Landkreis Fürth den Trend hin zur Dienstleistungsgesellschaft erkannt hat.

Auch war Pauli nicht immer die Rebellin, die mit der Forderung nach der Ehe auf Zeit und Latex-Fotos für Schlagzeilen sorgt. Im Gegenteil: Als Landrätin setzte sie sich beispielweise für den Ausbau von Krippenplätzen und für günstigen Wohnraum für Familien ein. 2006 schloss Pauli mit den Landkreisgemeinden das "Bündnis für Familien".

Doch Erfolge haben besonders in der Politik eine kurze Halbwertzeit. Jetzt geht es für Pauli nicht nur darum, die Wähler von sich zu überzeugen - auch die Parteikollegen der Freien Wähler müssen noch davon überzeugt werden, dass es eine kluge Entscheidung war, mit Pauli in den Landtagswahlkampf zu ziehen.

Gemeinsam die absolute Mehrheit der CSU brechen

Schon zu einer Zeit, als zwar über einen Parteiwechsel von Pauli spekuliert wurde, diese aber noch weit davon entfernt war, ihr CSU-Parteibuch zurückzugeben, sagte der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, über sie: "Frau Pauli ist momentan unserer Basis nicht vermittelbar".

Zwar schafft sie es dennoch, sich Platz acht auf der Liste der Freien Wähler Mittelfranken zu sichern - die Partei bezahlt Paulis Engagement jedoch mit zahlreichen Austrittserklärungen, beklagt etwa die mittelfränkische FW-Bezirksvorsitzende Karin Knorr. Und auch der Landeschef soll von Paulis Ambitionen noch immer "nicht gerade begeistert" sein.

Beim gemeinsamen Auftritt mit Pauli in Nürnberg kamen immerhin gemeinsame Positionen zum Ausdruck. So schlug Aiwanger vor, den Ministerpräsidenten und den Bundespräsidenten künftig direkt wählen zu lassen. "Die CSU macht Politik über die Köpfe der Bürger hinweg", kritisierte er. Zusammen mit Pauli werde er versuchen, die Freien Wähler in den Landtag zu bringen und die absolute Mehrheit der CSU zu brechen.

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