Fotoausstellung:So bunt ist die Welt von oben

Der Fotograf Bernhard Edmaier zeigt mit seinen großformatigen Luftbildaufnahmen des Blauen Planeten in seiner ganzen Schönheit - und Verletzlichkeit.

Von Hans Kratzer

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(Foto: Bernhard Edmaier)

Vor geraumer Zeit ist Bernhard Edmaier in einer ARD-Kultursendung als "interessantester Luftbild-Fotograf der Welt" gepriesen worden. Er selber lächelt nur still vor sich hin, wenn er so etwas hört, denn er ist ein bescheidener Mensch und gegen Lobhudelei von Natur aus immun. Trotzdem: Edmaiers Bilder sind tatsächlich einzigartig, es sind Aufnahmen, wie man sie noch nie gesehen hat. Wer neugierig geworden ist, kann sich zurzeit in der Flugwerft Schleißheim (Landkreis München) ein Bild von Edmaiers Meisterschaft machen. Dort wird die Ausstellung "Farben der Erde" gezeigt, für die der preisgekrönte Fotograf in unterschiedlichen Regionen der Welt unterwegs war. Die großformatigen Abbildungen bieten spektakuläre Draufsichten, etwa wie der tiefblaue Indische Ozean die hell schimmernden Inselringe des maledivischen Ari-Atolls umfasst. Knallig orange leuchtet wiederum das Moorwasser, das Eisenminerale aus dem isländischen Vulkanboden an der Südküste ins Meer schwemmt. Edmaier steigt mit angemieteten Flugzeugen und Helikoptern bis zu einer Höhe von 5000 Metern auf, um die ideale Perspektive zu finden. Im Bild: die Long Island in den Bahamas

Die von Raumkapseln und Sonden aus gemachten Bilder aus dem All suggerieren meistens eine blaue Erde. Dieser Eindruck trügt aber - "der Blaue Planet ist sehr bunt", sagt Edmaier, der auf seinen Aufnahmen ein beeindruckendes Farbspektrum präsentiert: die unzähligen Gelb-, Orange-, Rot- und Braunschattierungen von Fels und Wüstensand, das Grau und Weiß von Gletschern, die vielen Grünvariationen der Vegetation und natürlich auch das Blau des Wassers und des Eises. Im Bild: der Searles Lake in den USA

"Die Farben der Erde sprechen nicht nur unsere Sinne an, sie erzählen auch etwas über die Beschaffenheit und die Entstehung unseres Planeten", sagt Bernhard Edmaier, der Geologie studiert hat und sich schon deshalb intensiv mit der Oberfläche der Erde auseinandersetzt - und mit den Kräften der Natur, die sie geformt haben. "Mein Ziel ist es, die vielfältigen Farben, Formen und Strukturen, welche die Erde allein ohne Zutun des Menschen hervorbringt, zu visualisieren." Seine Luftbilder haben international Aufsehen erregt und ihm renommierte Preise wie den Hasselblad Master Award eingebracht. Im Bild: der Silvaplanasee in der Schweiz

Für seine Buch- und Fotoprojekte reist Edmaier oft in abgelegene Regionen. Häufig begleitet ihn dabei seine Lebensgefährtin, die Wissenschaftspublizistin Angelika Jung-Hüttl. Edmaiers Bilder wirken konkret und abstrakt zugleich. Als Fotokünstler versteht er sich aber nicht. Vielmehr will er als Geologe mit ästhetischen Mitteln die Botschaft von der Verletzbarkeit dieses Planeten transportieren. Im Bild: Knallig orangenfarben leuchtet das Moorwasser, das Eisenminerale aus dem isländischen Vulkanboden an der Südküste ins Meer schwemmt.

Allzu oft spürt er in der Luft sein Erschrecken über das rücksichtslose Vordringen des Menschen in Regionen, die ihn nichts angehen. "Da schüttelst du oft nur noch mit dem Kopf", sagt er, etwa wenn er auf dem Flug von Las Vegas in Richtung Death Valley wahrnimmt, wie rasant diese Stadt und ihre permanent bewässerten Villen in die Wüste hineinwachsen, dorthin also, wo der Mensch nichts verloren hat. Oder in Sibirien, "wo der Permafrost auftaut und sich deshalb die Erosion in den Küstengebieten flächig ausbreitet" (im Bild).

Große Hoffnungen, dass der Mensch noch einsichtig wird, hegt er nicht. "Ich bin da pessimistisch", sagt Edmaier, zumindest solange die Amerikaner unbeirrt propagieren, es gebe für jedes Problem eine technische Lösung. Die Veränderung beginnt ja schon direkt vor Edmaiers Haustür in der Gemeinde Ampfing bei Mühldorf, ein aufstrebender, aber von Gewerbe- und Industriegebieten sowie einer Autobahn umzingelter Ort, der ästhetisch nicht im Geringsten konkurrieren kann mit Edmaiers wunderbaren Erdansichten. Im Bild: Lagunen in Chile

Seine Leidenschaft ist während seiner Diplomarbeit über die Murentätigkeit in den Ostalpen erwacht. Um die Ursache der Misere - die von den Skipisten ablaufenden Wassermassen - zu zeigen, musste Edmaier von der Luft aus fotografieren. "Da hat es mich gepackt", sagt er, und so machte er auf der Stelle die Luftbildfotografie zu seinem Hauptberuf. Es war von Anfang an eine Gratwanderung, finanziell betrachtet, denn allein die Hasselblad-Kameras, die er dafür benötigt, kosten pro Stück 30 000 Euro, ohne Objektive. Dazu kommen die teuren Reisen und Mietflugzeuge. "Das ganze Geld, das mit Buchprojekten reinkommt, muss deshalb sofort wieder reinvestiert werden", sagt Edmaier. Die Hoffnung, für seine Projekte einen Mäzen zu finden, hat er mittlerweile aufgegeben. Im Bild: die Lagunen in Venedig

Immerhin, sein bislang erfolgreichstes Buchprojekt "Earthsong" wurde ein weltweiter Erfolg. Für seine Bücher braucht Edmaier unbedingt den englischsprachigen Markt, "anders könnte ich nicht existieren". Neben dem finanziellen steht immer auch ein existenzielles Risiko. Wetterstürze zum Beispiel, die eine teure Expedition schnell kippen lassen. Im Kongo flog Edmaier mit einer gecharterten Maschine durch eine üble Unwetterfront. "Da schaust du nur noch gebannt auf den Piloten, ob er die Lage noch im Griff hat." Im Bild: Impressionen aus Alaska

Gibt es noch Flecken, die er noch nicht bereist hat? "Genügend", antwortet Edmaier, ganz oben auf seiner Wunschliste steht der Iran. Dort ist es aber schwierig, Fluggenehmigungen zu bekommen. Grundsätzlich begeistert ihn, den ausgewiesenen Perfektionisten, aus wissenschaftlicher Sicht alles, was es gibt auf dieser Welt. Schönheit und Ästhetik allein wären ihm zu langweilig. Im Bild: der Alligator River in Australien

Und warum hält er keine Vorträge? "Das passt nicht zu mir", sagt der interessanteste Luftbildfotograf der Welt, "da müsste ich mich völlig verdrehen!" Edmaier zeigt seine Weltsicht lieber mithilfe seiner einzigartigen Fotografien. Im Bild: Im tiefblauen Indische Ozean sieht man die hell schimmernden Inselringe des maledivischen Ari-Atolls.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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