FDP: Leutheusser-Schnarrenberger:"Die CSU muss wissen, was sie will"

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Die FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über das gute Abschneiden der Liberalen und die Bedingungen für eine Koalition mit der CSU.

Matthias Kolb

sueddeutsche.de: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, die FDP hat mit acht Prozent ihr bestes Ergebnis seit 1948 erreicht. Ist dies eine Folge der eigenen Stärke oder der Schwäche der CSU?

Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit dem Spitzenkandidaten Martin Zeil (Foto: Foto: dpa)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem. Das hervorragende Ergebnis zeigt, dass die FDP nach dem guten Abschneiden bei der Bundestagswahl 2005 und bei der Kommunalwahl 2008 wieder an Stärke gewonnen hat. Zugleich waren wir im Wahlkampf sehr präsent und haben uns mit klaren Themen profiliert. Allein das reicht aber nicht: Der dramatische Einbruch der CSU hat uns sehr geholfen.

sueddeutsche.de: Sie haben sich genau wie Spitzenkandidat Martin Zeil und Bundeschef Guido Westerwelle für Gespräche mit den Christsozialen ausgesprochen. Welche Themen sind für die Liberalen besonders wichtig?

Leutheusser-Schnarrenberger: Zunächst muss die CSU wissen, was sie will. Dort herrscht Chaos, die Partei muss sich erst mal sortieren. Wir werden uns nicht anbiedern und vielleicht fragt die CSU ja auch die Freien Wähler. Aber wenn die Christsozialen verhandlungsfähig sind und mit uns reden wollen, dann haben wir fünf entscheidende Punkte.

sueddeutsche.de: Und die wären?

Leutheusser-Schnarrenberger: Für uns wird die Bildungspolitik entscheidend sein, denn die CSU hat damit auch die Wahl verloren. Wir wollen mehr frühkindliche Erziehung, die Fehler des G8 korrigieren und überhaupt mehr Geld in diesem Bereich investieren. Zum Zweiten werden wir das Thema BayernLB ansprechen: Da muss sich der Staat zurückziehen und sich nicht an wilden Spekulationen beteiligen, denn es darf nicht sein, dass die Steuerzahler für diese Defizite haften müssen. Zum Dritten geht es um Gesellschaftspolitik: Wir wollen das Versammlungsgesetz ebenso ändern wie die Regelungen zur Online-Durchsuchung und das verkorkste Polizeigesetz. Und natürlich muss das Nichtrauchergesetz neu geregelt werden.

sueddeutsche.de: Inwiefern?

Leutheusser-Schnarrenberger: Wir wollen natürlich die Nichtraucher schützen, aber die Wirte sollen in Einraumkneipen entscheiden dürfen, ob sie das Rauchen zulassen wollen oder nicht.

sueddeutsche.de: Welche bundespolitischen Themen sind entscheidend für die FDP?

Leutheusser-Schnarrenberger: Hier geht es vor allem um den Gesundheitsfonds, den wir in dieser Form stoppen wollen. Außerdem wollen wir mit der CSU dafür sorgen, dass die Erbschaftssteuer geändert wird, damit die Bürger entlastet werden.

sueddeutsche.de: Wenn es zu Gesprächen kommt - wer wird der FDP-Chefin Leutheusser-Schnarrenberger als CSU-Parteivorsitzender gegenübersitzen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Das kann man heute kaum sagen und ich will mich auch nicht in die Personalpolitik der CSU einmischen. Da ist alles in Bewegung und keiner weiß, wer in einigen Tagen als Parteichef und Generalsekretär amtieren wird. Aber wir würden es uns verbitten, dass die CSU uns reinredet, wer mit ihr verhandeln soll - das werden wir bei den Christsozialen nicht tun.

sueddeutsche.de: Sie haben Spitzenkandidat Zeil gelobt, der in jede bayerische Bratwurst gebissen habe, wie Sie selbst sagten. Trotzdem sind Sie als frühere Bundesjustizministerin die prominenteste Figur der bayerischen Liberalen. Lockt Sie München?

Leutheusser-Schnarrenberger: Nun ja, ich habe mich bewusst entschlossen, nicht für den Landtag zu kandidieren. Es war lange so geplant, dass Martin Zeil als Generalsekretär und Spitzenkandidat aufgebaut wird, damit die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird. Wenn es Gespräche gibt, werden wir beide verhandeln und alles andere wird man sehen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger das Abschneiden der anderen Parteien beurteilt.

sueddeutsche.de: Gibt es kein Amt, das Sie lockt? Das Amt der bayerischen Innenministerin wäre doch sicher reizvoll.

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich will nicht über Posten reden, das kommt doch ganz zum Schluss. Es geht uns um Inhalte und wenn wir uns da nicht einigen mit der CSU, dann gehen wir in die Opposition. Auch von dort kann man viel verändern. Aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, unsere Politik umzusetzen, dann machen wir das natürlich lieber.

sueddeutsche.de: Das Ergebnis der FDP war gut, aber die beiden anderen kleinen Parteien - Grüne und Freie Wähler - waren noch besser. Sind Sie überrascht über deren Abschneiden?

Leutheusser-Schnarrenberger: Mich hat das gute Ergebnis der Freien Wähler nicht gewundert. Sie sind sehr erfolgreich bei den Erstwählern mit ihren prominenten Köpfen und profitieren vom bayerischen Wahlsystem. Die Grünen konnten nur etwas zulegen, aber ich bin der Meinung, dass sie von der Umbruchstimmung nicht so sehr profitieren konnten. Viele CSU-Anhänger sind zu uns und den Freien Wählern übergelaufen - und nicht so sehr zu Sepp Daxenberger und den Grünen. Doch die CSU hat noch an eine andere Partei verloren: Rentner und Hartz-IV-Empfänger sind zur Linken übergewandert.

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