Die Woche:Das war

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Über Stil ganz allgemein, und in der Politik speziell, ist diese Woche einiges klar geworden. So darf Innenminister Joachim Herrmann nun ganz offiziell ein "wunderbares Inzuchtsprodukt" genannt werden, das hat das Amtsgericht Karlsruhe entschieden. Das mag man für keine besonders stilvolle Anrede halten, aber das muss der Mann aushalten, urteilte der Richter, schließlich hat er selbst damit angefangen, als er Roberto Blanco einen "wunderbaren Neger" nannte. Also habe der afrikanisch-stämmige Anwalt, der sich davon mehr beleidigt fühlte als Blanco selbst, das "Recht zum Gegenschlag". Auf sein solches wird sich bestimmt auch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner berufen können, wenn das Haferl mal wieder voll ist, wie sie das so schön formuliert, und ihr doch was über Markus Söder rausrutscht. Der Minister für Finanzen, Heimat und Nachfolgedebatten hat ihr in dieser Woche wieder reingegrätscht. Sie berief eine Pressekonferenz ein und er danach auch - eine Stunde vor Aigners Termin. Keine Absicht, natürlich. Aber weitab vom guten Stil im Kabinett, dass man einander bei Presseterminen nicht in die Quere kommt.

Rein rechtlich total in Ordnung war auch die Aktion des Bürgermeisters von Waldbüttelbrunn, der einen Grünen-Gemeinderat in der Sitzung aufforderte, er möge sein "Gegen Nazis"-Shirt bedecken. Er habe ein Problem mit politischen Äußerungen im Gemeinderat. Diese Aussage alleine verdiente schon eine genauere Analyse, aber es ging ja um ein T-Shirt . Das darf der Bürgermeister untersagen, entschied nun die Kommunalaufsicht, über Stilfragen wurde nicht geredet. Solche hätten sie in Waldbüttelbrunn mal besprechen sollen, am besten vorher. Jetzt klingt's halt komisch nach.

Wie der Satz von Ministerpräsident Horst Seehofer, der "das Ende der Willkommenskultur für notariell besiegelt" erklärte. Da kam der Landesbischof nicht umhin, dem Landesvater mal ein bisschen was über guten Stil zu erzählen. Es gebe schließlich einen Konsens zwischen Politik und Kirchen zur Willkommenskultur. Sollte Seehofer diese aufkündigen wollen, stoße das auf "Unverständnis und Verärgerung". Er sei natürlich falsch verstanden worden, ließ Seehofer umgehend ausrichten. Gut möglich, dass er daraufhin ein bisschen mit der Eisenbahn spielte. Die war gerade zum ersten Mal im Fernsehen. Das Team brachte ihm einen Mini-Sigmar-Gabriel mit. Der fügt sich sehr stilvoll in Seehofers Gleise.

© SZ vom 14.05.2016 / kaa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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