CSU-Chef Erwin Huber:"Von Vertuschung kann keine Rede sein"

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Der CSU-Parteivorsitzende Erwin Huber über seine Verantwortung bei der BayernLB, ob Stoibers Erbe eine Last ist und über den Zustand seiner Partei.

Stefan Braun und Nico Fried

SZ: Herr Huber, warum läuft für die CSU eigentlich alles schief, seit Sie und Günther Beckstein im Amt sind?

CSU-Chef Erwin Huber: "Ich war derjenige, der im Januar 2008 als erster öffentlich gewarnt hat, dass die Risiken höher sein könnten." (Foto: Foto: www.seyboldtpress.de)

Erwin Huber: Falsch. Wir haben in Bayern und im Bund wichtige Impulse gesetzt. Und in der CSU gibt es seit der Klausurtagung in Kreuth eine hohe Geschlossenheit. Wir sind auf einem guten Weg.

SZ: Schwache Kommunalwahlen, miese Umfragen, schlechte Kommentare - wo ist da der gute Weg?

Huber: Wir können eine gute Bilanz vorweisen und haben bei der Landtagswahl alle Chancen für 50 Prozent plus X. Wir wissen aber auch, dass wir dafür alle Kräfte mobilisieren müssen.

SZ: Aber die Pannenserie ist lang. Da ist das Desaster mit dem Transrapid ...

Huber: ... was wir sehr bedauern.

SZ: Der Ärger über die Einführung des achtjährigen Gymnasiums reißt nicht ab.

Huber: Wir haben nach der letzten Landtagswahl eine sehr ehrgeizige Politik gemacht. Aber wir haben auch viel erreicht: Der Haushalt ist ausgeglichen und auch das G8-Projekt haben wir mittlerweile gut umgesetzt. Wir stellen im September mehr als 2200 neue Lehrer ein. Die Schule in Bayern soll die beste in Deutschland sein.

SZ: Ist Stoibers Erbe eine Last?

Huber: Edmund Stoiber hat in seinen 14 Jahren als Ministerpräsident hervorragende Arbeit geleistet. Günther Beckstein und ich waren die ganze Zeit in der Regierungsmannschaft. Wir sind mitverantwortlich für diese Politik.

SZ: Also auch für die Fehler?

Huber: Nirgendwo gibt es eine fehlerfreie Politik. Es ging nie darum, die Zeit einzuteilen in eine Phase mit und eine Phase nach Stoiber. Wir haben das Profil der CSU bundespolitisch geschärft, zum Beispiel mit dem Betreuungsgeld und jetzt mit unserem Steuerkonzept. Und mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Bayern sind wir nahe an der Vollbeschäftigung.

SZ: Unsere Wahrnehmung, was die Bundespolitik betrifft, ist anders: Im letzten Koalitionsausschuss ist keine Ihrer Forderungen erfüllt worden.

Huber: Das stimmt nicht. Nehmen Sie die Transrapid-Gelder oder die Bahnreform: Aber wenn sich der CSU-Chef nur am nächsten Koalitionsausschuss orientieren würde, wäre das eine zu kurze Perspektive. Man muss den Mut haben, die anderen auch mal herauszufordern mit Forderungen über den Tag hinaus. Der lange Atem hat in der CSU Tradition.

SZ: Mit Ihrem Steuerkonzept sind Sie abgeblitzt.

Huber: Keinesfalls. Ich bin sehr zufrieden, welche Debatte wir ausgelöst haben. Die SPD hat erst geschimpft und denkt jetzt selber nach. In der CDU ist eine Diskussion im Gang, in den Gewerkschaften, in den Verbänden. Wir haben mit unserem Konzept "Mehr Netto für alle" etwas in Bewegung gebracht in Deutschland.

SZ: Davon sinken die Steuern nicht.

Huber: Das wird schon. Die bürgerlichen Parteien dürfen den Blick nicht nur auf die verengen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind. Für uns muss im Mittelpunkt der fleißige Mensch stehen. Dass die arbeitende Mittelschicht kleiner wird, auch ängstlicher, ist ein Signal. Diesen leistungsbereiten Menschen müssen wir zeigen, dass wir alles tun, um ihnen mehr Sicherheit und Zukunft zu geben.

SZ: Machen Sie nicht das Gegenteil, wenn Sie die Hoffnung auf unbezahlbare Steuersenkungen wecken?

Huber: Da wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig. Wir haben den Einstieg in die Steuersenkungen für das Jahr 2009 auf zwei Punkte konzentriert: Erstens auf Kinder und Familien, zweitens auf die Pendler. Die Verbesserungen für die Familien muss es geben. Wir bekommen sonst eine neue Verfassungsproblematik, weil das Existenzminimum nicht mehr steuerfrei ist. Und die Pendlerpauschale würde ich lieber politisch entscheiden, statt auf das Urteil des Verfassungsgerichts zu warten. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden Veränderungen im Sinne unseres Konzeptes erleben.

Lesen Sie, was Erwin Huber zu seiner Verantwortung in der Affäre um die BayernLB sagt.

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SZ: Bliebe der Rest, den der Bundesfinanzminister für nicht bezahlbar hält.

Huber: Die Steuersenkungen 2010 und 2012 sind bewusst so angelegt, dass sich der Staat rechtzeitig darauf einstellen kann. Immerhin nimmt 2012 der Staat nach der neuesten Steuerschätzung 91 Milliarden Euro mehr Steuern ein als 2008. Wir wollen, dass davon ein Drittel bei den Steuerzahlern bleibt. Man kann nicht nur konsolidieren und erst irgendwann Steuern senken. Man muss beides gleichzeitig machen und das Steuerrad wie bei einem schweren Tanker rechtzeitig herumdrehen.

SZ: Könnte es zu Steuersenkungen ohne den CSU-Chef und Finanzminister Erwin Huber kommen, weil der vorher an der Krise der Bayerischen Landesbank politisch zugrunde geht?

Huber: Nein. Dafür gibt es keinen Anlass. Der Verwaltungsrat der BayernLB, dessen stellvertretender Vorsitzender ich erst seit Oktober 2007 bin, ist seiner Verantwortung gerecht geworden.

SZ: Wo liegt Ihre Verantwortung?

Huber: Dass wir diese schwierige Situation, die nicht von der Politik herbeigeführt wurde, gemeinsam bewältigen.

SZ: Wir meinen eigentlich die Vergangenheit.

Huber: Es wird gerne übersehen: Die Bank hat die Geschäfte, die zu diesen Problemen geführt haben, seit 15 Jahren getätigt, so wie sehr viele andere in- und ausländische Banken auch. In dieser ganzen Zeit hat der Verwaltungsrat nie ein Alarmsignal bekommen.

SZ: Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Sparkassen-Chef Siegfried Naser, hat im Oktober 2007 Sie und Ministerpräsident Beckstein vor Risiken von bis zu 15 Milliarden Euro gewarnt. Da hat bei Ihnen nichts geblinkt?

Huber: Die internationale Finanzkrise hat neue, schwer abschätzbare Risiken ausgelöst. Der Bank-Vorstand hat aber stets gesagt, die Zahlungsausfälle würden gering sein. Ich war derjenige, der im Januar 2008 als erster öffentlich gewarnt hat, dass die Risiken höher sein könnten. Dafür bin ich auch noch heftig kritisiert worden. Von einer Vertuschung kann keine Rede sein.

SZ: Sie schieben die Verantwortung einfach auf die Bank ab?

Huber: Sie liegt dort. Der Vorstand führt das operative Geschäft.

SZ: Nur zur Klarstellung: Sie streiten nicht ab, die Risiken im Sommer 2007 gekannt zu haben. Dann aber hat sich der Verwaltungsrat der Linie der Bank gefügt, nicht in die Öffentlichkeit zu gehen.

Huber: Es sind Risiken bekannt geworden, die aber schwer einzuschätzen waren. Der Vorstand hat empfohlen, nicht durch die Veröffentlichung Schaden für die Bank zu verursachen. Das hat der Verwaltungsrat akzeptiert. Im Nachhinein hat sich diese Informationsstrategie als falsch erwiesen.

SZ: Das heißt, Sie tragen eine Mitverantwortung?

Huber: Nochmals: Im Nachhinein hat sich die Informationsstrategie der Bank als falsch erwiesen. Allerdings: Die Verluste - so schmerzlich sie sind - haben mit der Informationspolitik nichts zu tun. Im Übrigen hat mir bis heute niemand sagen können, wie die Verluste nach Ausbruch der weltweiten Finanzmarktkrise noch hätten vermieden werden können.

SZ: Normalerweise heißt es bei Ihnen, die CSU ist Bayern und umgekehrt.

Huber: So ist es und so bleibt es auch.

SZ: Moment: Jetzt ist etwas schief gelaufen und schuld ist nicht die CSU, sondern ein paar Banker?

Huber: Die Bayern LB hat 19.200 Mitarbeiter. Jeder muss mit seiner Kompetenz das Beste herausholen. Das heißt aber auch, dass nicht jedes Tagesgeschäft politischen Entscheidungen unterliegt.

SZ: Aber einen Imageschaden für Bayern räumen Sie ein?

Huber: Die Auswirkungen der weltweiten Finanzmarktkrise auf die BayernLB sind schmerzlich, aber es gibt im Bankenwesen Chancen und Risiken. Die Risiken kann man nicht auf Null setzen. Auch in Bayern nicht.

© SZ vom 10.05.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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