Biomode:Coole Socke

Lesezeit: 4 min

Leder aus Schlachtabfall, Daunen vom Baum und Fasern aus Eukalyptus - Biomodefirmen gehen neue Wege

Von Jasmin Siebert

Umweltfreundlich und fair produzierte Kleidung macht nur einen Bruchteil der Mode aus. Doch immer mehr Kunden wollen die katastrophalen Zustände in der Branche nicht mehr hinnehmen. Auch in Bayern setzen inzwischen Hersteller auf langlebige und verantwortungsvoll hergestellte Kleidung statt auf Wegwerfware. Die Firmen bemühen sich um Transparenz und forschen an neuen Materialien. Ein Überblick über einige ökofaire Labels aus Bayern:

Sock Up Your Life: Wer hat sich schon mal Gedanken darüber gemacht, was alles in den Eimer geschüttet wird, wenn Textilien gefärbt werden? Mit dem Anspruch, Socken so nachhaltig wie möglich herzustellen, hat der Informatiker Stefan Hechberger aus Vornbach am Inn vor drei Jahren Sock Up Your Life gegründet. Seine Socken lässt er in der Nähe von Münster stricken, die Biobaumwolle stammt aus Griechenland und wird im mittelfränkischen Leutershausen gefärbt. Hechberger will Transparenz, deshalb listet er alle Zutaten des Färbeprozesses auf seiner Homepage auf.

9t3: Als Maximilian Sendner 16 war, strickte ihm seine Mutter eine Mütze, die seine Kumpel so richtig cool fanden. Bald verkaufte Sendner auf dem Schulhof in Schwabach handgestrickte Mützen, versehen mit einem selbstentworfenen Label: 9t3, gesprochen "nine-tee-three", 1993 ist Sendners Geburtsjahr. Als er 2014 anfing, Textildesign zu studieren, ließ er seine Marke, bei der die Kunden "die Freiheit von Mutter Natur spüren" sollen, eintragen. Zu den Mützen kamen Freizeithosen mit hängendem Schritt und T-Shirts in Bioqualität, genäht in Sachsen und bedruckt mit ökologischen Farben in Fürth. Da Sendner inzwischen mit seinem Barbierladen in Münchberg ausgelastet ist, hat Mutter Andrea 9t3 übernommen. Der gelernten Näherin ist es wichtig, dass ausschließlich in Deutschland genäht wird, möglich sei das nur wegen der geringen Stückzahlen.

LangerChen: Miranda Chen und Philipp Langer aus Tutzing betreiben seit 2009 eine eigene Stoffmanufaktur in der Nähe von Shanghai. Etwa 80 Mitarbeiter arbeiten dort zu fairen Bedingungen, seit fünf Jahren für das eigene Label LangerChen. Es ist Spezialist für ökofaire Jacken und Mäntel in einem urban-zeitlosen Stil. Dafür hat Langer einen neuen Stoff entwickelt: Naturfasern überzogen mit einer dünnen Plastikmembran. So werden Jacken aus Biobaumwolle und Öko-Wollwalk windabweisend und wasserdicht.

Manomama: Radikale Regionalität, gepaart mit sozialer und ökologischer Verantwortung, das ist Manomama aus Augsburg. Die Landmerinoschafe, die die Schurwolle für Jacken liefern, grasen vor der Stadt. Es gibt Hosen aus Hanf, der im Taubertal wächst, und Gürtel aus pflanzlich gegerbten Lederabfällen vom Erlanger Schlachthof. Vom Faden bis zum Hosenknopf sind alle Bestandteile der Kleidungsstücke in Deutschland hergestellt, nur die Biobaumwolle stammt aus Tunesien und der Türkei. Es gehe ihr darum, die Menschlichkeit und nicht die Gewinne zu maximieren, sagt die Sozialunternehmerin Sina Trinkwalder, die es damit inzwischen zu überregionaler Bekanntheit gebracht hat. Vor acht Jahren gründete sie ihre Manufaktur, um auch denjenigen, die sonst niemand einstellt, eine Perspektive zu bieten. 150 Mitarbeiter hat sie inzwischen, denen sie mindestens zehn Euro die Stunde zahlt. Für ihr Engagement hat Trinkwalder die Bundesverdienstmedaille und andere Auszeichnungen erhalten.

ThokkThokk: T-Shirts und Pullis mit minimalistischem Grafikdesign, überwiegend in München von Hand bedruckt, haben ThokkThokk bekannt gemacht. Gegründet wurde die Firma für vegane, ökologisch und fair produzierte Mode 2007 von dem Schreiner und Möbeldesigner Vinzenz "VFX" Johow. ThokkThokk achtet nicht nur darauf, dass möglichst wenig Müll anfällt, auch Tiere sollen nicht leiden. Eine vegane Alternative zur Daunenjacke ist mit den haarigen Fasern der Frucht des Kapokbaumes gefüllt. Ihre Hülle besteht aus Nylon, das aus alten Fischernetzen gewonnen wird. Die Kapokjacke wird in China hergestellt, die anderen Produkte in Indien und Tschechien.

Room To Roam: Extralange Ärmel sind nur ein Markenzeichen des Münchner Labels. Die Designerin Akela Stoklas, die Room To Roam 2006 gegründet hat, setzt auf Oberteile, die sich auf verschiedene Arten tragen lassen: mit Ausschnitten, die vorn und hinten passen und mit Nähten, die außen und innen funktionieren. Stoklas kauft nur biofaire Strick- und Jerseystoffe für ihre Kleider und Oberteile ein. Genäht werden diese in kleinen Firmen in Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg.

HempAge: Im Museumsgarten fiel Robert Hertel der Hanf auf, der dort wuchs. Und so kam der Händler für faire Textilien auf die Idee, den vernachlässigten Rohstoff wiederzubeleben. Seit 1999 bietet Hemp-Age aus Adelsdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt zeitlose Kleidungsstücke aus Hanf an, die in China, Tunesien und Ungarn unter fairen Bedingungen und bei geringem Wasserverbrauch gefertigt werden. Bald soll die erste Jeans aus reinem Hanf auf den Markt kommen. Eine eigene Tochterfirma forscht daran, wie die Faserqualität weiter verbessert werden kann.

Living Crafts: 1985 in einer Garage am Bodensee gegründet, ist Living Crafts einer der Pioniere in Sachen Naturfasern. Auch wenn die Marke seit 2001 zum Biogroßhändler Denree gehört und nach Selbitz im Landkreis Hof umgezogen ist, das erste Produkt - eine Socke aus gerippter Biobaumwolle - ist noch heute im Sortiment. Mit langlebiger, alltagstauglicher Kleidung und einem entschleunigten Herstellungsprozess soll ein Kontrapunkt zur schnelllebigen Modebranche gesetzt werden. Für Allergiker gibt es Textilien aus unbehandelter Baumwolle. Neu sind Kleider aus Bioleinen. Genäht wird in mehreren europäischen Ländern und in Indien.

Ortovox: Im Mittelpunkt stehen bei Ortovox die Berge. Die Firma aus Taufkirchen bietet seit 1980 Geräte für die Suche nach Lawinenverschütteten an. Später kam Funktionskleidung für den Bergsport hinzu, zum Beispiel aus Wolle von Schafen aus Tasmanien und aus der Schweiz kombiniert mit Fasern aus Eukalyptusholz. Auf der Homepage des Unternehmens, das zur Schwan Stabilo Outdoor Group gehört, kann der Weg vom Schaf zum Pulli nachverfolgt werden. Im ausführlichen Sozialreport kann man nachlesen, in welchen europäischen und asiatischen Ländern produziert wird.

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nachhaltige Mode
:Bei der Produktion dieser Jacke musste niemand leiden

Weder Mensch noch Tier noch Umwelt. Diesen Grundsatz verfolgt Bleed, ein kleines Unternehmen aus Oberfranken.

Von Jasmin Siebert

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: