Bayerische Fingerhakel-Meisterschaft:"Da fließt schon mal ein bisschen Blut"

Lesezeit: 3 min

Was Usain Bolt in der Leichtathletik, ist Josef Utzschneider beim Fingerhakeln: Seit Jahren gewinnt der 29-Jährige nahezu jede Meisterschaft. Am Wochenende kämpft er bei der bayerischen Meisterschaft wieder um den Titel. Uns erzählt er, wie man am besten trainiert - und welche Rolle Bier dabei spielt.

Thomas Moßburger

Beim Fingerhakeln sitzen sich zwei Konkurrenten an einem Tisch gegenüber, haken jeweils einen Mittelfinger in einen Lederring ein und beginnen, mit den Fingern daran zu ziehen. Gewonnen hat, wer es schafft, seinen Gegner über den Tisch auf die eigene Seite zu ziehen. Die Traditionssportart wird vor allem in Bayern und in Österreich betrieben. Und keiner ist besser als Josef Utzschneider: Seit Jahren gewinnt der 29-Jährige nahezu jede Meisterschaft in seiner Gewichtsklasse. 2011 war er bayerischer, deutscher und alpenländischer Meister - mehr geht im Fingerhakeln nicht. Wenn er sich nicht gerade mit dem Sport beschäftigt, ist der hauptberufliche Mechaniker aus dem oberbayerischen Ohlstadt Ehemann und Vater eines Sohnes, der allerdings noch etwas zu jung zum Fingerhakeln ist.

Fingerhakler Josef Utzschneider Fingerhakeln (Foto: oh)

Süddeutsche.de: Herr Utzschneider, Sie sind amtierender bayerischer, deutscher und alpenländischer Meister im Fingerhakeln. Was muss man mitbringen, um ein guter Fingerhakler zu werden?

Josef Utzschneider: Man braucht natürlich Kraft. Ganz wichtig ist auch die Schnelligkeit, dass man den Start optimal erwischt. Das sind die zwei wichtigsten Sachen. Und einen guten Finger braucht man natürlich auch! Vor allem der Mittelfinger muss kräftig sein. Dann noch gut trainieren und es sollte eigentlich funktionieren.

Süddeutsche.de: Sie treten im Schwergewicht an. Ist das, wie beim Boxen, die Königsdisziplin?

Utzschneider: Ja, das kann man schon sagen. Bei den Meisterschaften ist das Schwergewicht immer der letzte Wettbewerb, auf den alle hinfiebern. Alles über 90 Kilogramm gehört zum Schwergewicht - da geht's am meisten zur Sache.

Süddeutsche.de: Wie trainieren Sie denn Fingerhakeln?

Utzschneider: Da gibt es ganz verschiedene Varianten. Ich habe zum Beispiel einen Fingerhakel-Tisch, bei dem auf der anderen Seite der Tischkante eine Umlenk-Rolle mit einem Seil und einem Gewicht angebracht ist. Das Gewicht ziehe ich dann mit meinem Fingern rauf. Oder ich mache mit dem rechten und dem linken Mittelfinger Klimmzüge. Ich trainiere zweimal pro Woche, jeweils eine Stunde.

Süddeutsche.de: Ist das dann "richtiges" Training oder eher ein Treffen im Wirtshaus?

Utzschneider: Nein, nein. Das machen wir in einer Garage. Es gibt aber auch Leute, die sich dafür daheim extra Räume einrichten. Im Wirtshaus findet das weniger statt - es soll ja auch was dabei rauskommen und nicht bloß eine Gaudi sein.

Süddeutsche.de: Sie nehmen die Sache also richtig ernst?

Utzschneider: Ja, klar. Das Fingerhakeln wird ja oft als Bier-Sportart oder reine Gaudi belächelt. Die Gaudi findet aber erst nach dem Wettkampf statt. Da wird es dann lustig. Vorher sind wir schon diszipliniert.

Süddeutsche.de: Begeistern Sie uns mal: Was ist so toll am Fingerhakeln?

Utzschneide r: Die Faszination ist, dass man zwar seine Kräfte gegeneinander misst, aber die Kameradschaft trotzdem unschlagbar ist. Das geht vom Spessart bis nach Mittenwald. Wenn wir in den Spessart fahren oder in den Bayerischen Wald, sind wir überall willkommen und umgekehrt ist es genauso. Das prägt, glaube ich, den Fingerhakel-Sport.

Süddeutsche.de: Und wie wichtig ist dabei eine Maß Bier?

Utzschneider: Das würde ich zu der Kategorie Kameradschaft zählen. Wie gesagt, man muss schon sportlich einen gewissen Ehrgeiz zeigen, aber nach dem Kampf ist es egal, ob man viel Bier trinkt oder wenig - lustig sind wir immer!

Süddeutsche.de: Mit welchen Verletzungen muss man beim Fingerhakeln rechnen?

Utzschneider: Es kommt schon vor, dass man sich die Haut am Mittelfinger, wo der Fingerhakel-Ring eingehängt ist, runterzieht. Aber das ist dann nur die oberste Hautschicht, die Hornhaut. Da fließt dann schon mal ein bisschen Blut. Wenn jemand im Rücken nicht ganz fit ist, würde ich ihm auch nicht unbedingt zum Fingerhakeln raten. Aber im Vergleich zum Fußball ist Fingerhakeln doch relativ harmlos.

Süddeutsche.de: Was ist denn der wichtigste Titel, den man im Fingerhakeln erreichen kann?

Utzschneider: Das Größte, was man erreichen kann, ist die alpenländische Meisterschaft. Außerdem gibt es die bayerische und die deutsche Meisterschaft. Dort sind im Endeffekt nur bayerische Mannschaften vertreten, bei der alpenländischen kommen dann noch die Kollegen aus Österreich dazu.

Süddeutsche.de: Welche Chancen rechnen Sie sich für die bayerische Meisterschaft an diesem Sonntag aus?

Utzschneider: Normalerweise sollte ich nicht ganz schlecht dabei sein. Ich bin da immer ein bisschen zurückhaltend. Beim Sport ist es eben so, dass man mal einen schlechten Tag hat und nur 5. oder 14. wird. Das geht ganz schnell. Meine Vorbereitung ist wie immer gut. Jetzt schaue ich einfach mal, was der Tag so bringt.

© Süddeutsche.de/most - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: