Auslandsreise:Unterwegs in Sachen Brexit

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Das Wohl Bayerns fest im Blick: Finanzminister Markus Söder vor dem Big Ben in London. (Foto: Koch/Finanzministerium/oh)

Finanzminister Söder wirbt in London für offene Märkte

Von Wolfgang Wittl, London/München

Zwei Botschaften waren Markus Söder bei seinem Besuch in London wichtig: Erstens, der Finanz- und Wirtschaftsmarkt zwischen Großbritannien sowie der Europäischen Union (und damit Bayern) müsse offen bleiben. Zweitens, die britische Regierung dürfe aus ihrem Land "kein zweites Panama" machen, also keine Steueroase zu Lasten anderer europäischer Staaten. Die Antwort, die er von seinem britischen Kollegen bekommen hat, stellte den bayerischen Finanzminister vorerst zufrieden. Sowohl Schatzkanzler Philip Hammond als auch Vertreter der Bank von England hätten Einverständnis signalisiert, berichtete Söder am Dienstag.

Allerdings hat er bei seinem zweitägigen Besuch in London auch andere Erfahrungen gemacht. Söder traf auch Abgeordnete - "Heißsporne", wie er sie nannte - die für eine harte Position beim EU-Austritt stehen. "Ernst" sei die Stimmung mitunter gewesen. Großbritannien spüre langsam, "dass der Brexit kein Gewinn sein wird". Söder warb daher für faire Verhandlungen: "Bayern will keinen strafenden, sondern einen vernünftigen Brexit."

Das bayerische Interesse erklärt sich allein durch Zahlen: Nach den USA und China ist Großbritannien der wichtigste Absatzmarkt für Bayerns Wirtschaft. Das Exportvolumen lag nach Angaben der Staatsregierung im vergangenen Jahr bei 15 Milliarden Euro, mehr als die Hälfte davon durch die Produktion von Kraftfahrzeugen. Umgekehrt rangiert Großbritannien mit Importen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro auf Platz zehn der bayerischen Einfuhr-Bilanz. Auch bei Investitionen gibt es enge Verflechtungen. Söder warnte deshalb vor "auseinanderbrechenden Finanzmärkten" - einer Entwicklung, unter der alle Beteiligten zu leiden hätten.

Söder reist derzeit als eine Art bayerischer Finanz-Außenminister durch Europa und versucht, sein internationales Profil zu schärfen. Anfang Mai besuchte er Griechenland. Dort nahm er von seiner früheren Forderung Abstand, das Land müsse wegen seiner hohen Schulden aus der EU austreten. Nun setzt sich Söder für einen "grundfairen, vernünftigen Prozess" beim Brexit ein. Von beiden Parteien fordert er unbedingte Transparenz, Europas Bürger müssten wissen, woran sie sind. Dass die Gespräche wohl nicht einfach werden, hat Söder in London festgestellt: "Die Engländer wissen, wie man verhandelt."

Nachdem sich die bayerischen Hoffnungen auf einen Umzug der Europäischen Bankenaufsicht von London nach München zerschlagen haben, hofft Söder jetzt andere Einrichtungen in den Freistaat lotsen zu können - etwa aus der Versicherungsbranche. Insgesamt bewertet er den Besuch als "freundschaftlich": Seinen britischen Kollegen Hammond hat er zum Oktoberfest nach München eingeladen. Dieser machte ihn mit einer der prominentesten Figuren im britischen Regierungsviertel bekannt: mit dem Kater Larry, dem "Chief Mouser to the Cabinet Office" in Downing Street Nummer zehn.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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