Zwangswapperl für Pkw:Weg mit der Seehofer-Dobrindt-Murks-Maut!

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CSU-Chef Horst Seehofer mächtig sauer. Er unterstellt Finanzminister Schäuble, alles zu tun, um die Maut für Ausländer zu verhindern. (Foto: dpa)

Die CSU betreibt Unfug mit der Maut. Es ist an der Zeit, diese Wahlkampfidee zu beerdigen - und neu nachzudenken. Gerade aus Bayern, dem Land von "Laptop und Lederhose", hätte man etwas anderes erwartet als diese altbackene Wapperlmaut.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Der CSU-Chef wirft dem Bundesfinanzminister vor, dieser sabotiere die Maut. Mit diesem Vorwurf hat er vermutlich recht, denn Wolfgang Schäuble hält wenig von der Seehofer-Dobrindt-Murks-Maut - und zwar aus guten Gründen: Zu kompliziert, zu aufwendig; ja, am Ende könne, warnen Schäubles Beamte, die Maut sogar zum Minusgeschäft werden, weil sie wenig einbringt, aber es immens teuer ist, sie einzutreiben.

Der CSU-Chef hätte aber auch genauso gut dem Bundesinnenminister vorwerfen können, er sabotiere die Maut. Oder dem Bundeswirtschaftsminister. Oder diversen CDU-Landesvorsitzenden. Oder den rot-grünen Landesregierungen, die ihren Widerstand im Bundesrat angekündigt haben. Oder dem EU-Verkehrskommissar - dem sowieso.

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Wolfgang Schäuble warnt, dass die Maut ein Minus-Geschäft werden könnte. Darüber ist CSU-Chef Horst Seehofer mächtig sauer. Er unterstellt dem Finanzminister, alles zu tun, um die Abgabe für Ausländer zu verhindern.

Denn sie alle kritisieren mehr oder wenig heftig die Maut "Made in Bayern", diesen Aufkleber (bayerisch: Wapperl), den Seehofer und Dobrindt künftig allen deutschen Autofahrern auf die Windschutzscheibe packen wollen. Allen? Na ja, fast allen. Und damit ist man schon mittendrin in den Problemen, die die wapperlversessene CSU der großen Koalition mit der Pkw-Maut eingebrockt hat.

Es ist an der Zeit, dass Dobrindt und Seehofer ihre Pläne beerdigen

Denn der Maut-Saboteur Thomas de Maizière hat seine Beamten untersuchen lassen, ob die Seehofer-Dobrindt-Maut mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Heraus kam: Nein, ist sie nicht. Denn die Seehofer-Dobrindt-Maut trifft nur Pkw bis 3,5 Tonnen; die Lkw-Maut wiederum greift erst bei Lastwagen ab 12 Tonnen. Alle Fahrzeuge dazwischen, von 3,5 bis 12 Tonnen, zahlen also keine Maut. Gerecht? Sinnvoll? Nein, überhaupt nicht - aber es ist ein weiterer Beleg für den Maut-Unfug, den die CSU betreibt.

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Horst Seehofer sieht sich um sein großes Wahlkampfprojekt betrogen. Der Vorsitzende der CSU kämpft lautstark gegen die Koalitionspartner aus CDU und SPD für die Umsetzung der Dobrindt-Pläne zur Maut. Dabei scheint die Debatte mittlerweile zur Farce verkommen zu sein. Wie ist Ihre Meinung?

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Die zunehmend abstruse Debatte der vergangenen Woche zeigt, wie unausgegoren die Wapperl-Pläne aus dem Bundesverkehrsministerium sind. Denn eine Maut, die es allen recht machen will, wird es am Ende niemanden recht machen. Eine Maut, die niemanden in Deutschland zusätzlich belasten will, wird am Ende zur Belastung für alle - mindestens für alle Behörden, die sie eintreiben müssen. Eine Maut, die einfach sein will, wird am Ende immer komplizierter, weil jeder eine Ausnahme, jeder eine Sonderreglung will.

Es ist daher an der Zeit, die Seehofer-Dobrindt-Maut zu beerdigen. Sie wurde erfunden, um im Sommer 2013 die Wähler der CSU zuzutreiben, und das hat auch einigermaßen funktioniert; aber dieses Zwangswapperl für alle hat mit einer modernen (und durchaus auch sinnvollen) Maut, wie sie anderswo erhoben wird, nichts - aber auch gar nichts - zu tun.

Sinnvoll wäre ein Maut, wenn sie nicht für alle gleich wäre, sondern jene, die die Straßen stärker nutzen, auch mehr zahlen - also eine streckenabhängige Maut. Sinnvoll wäre eine Maut, die dazu beiträgt, die Verkehrsströme zu lenken und deren Höhe steigt, wenn die Straßen besonders verstopft sind - also eine variable Maut, kein jährlicher Einheitsbetrag. Die Technik dafür ist da; man müsste die Pkw-Maut einfach nur wie die Lkw-Maut gestalten.

Gerade aus Bayern, wo ja unter Edmund Stoiber das Motto "Laptop und Lederhose" galt und wo man sich gern als Hochtechnologie-Standort gefällt, hätte man den Vorstoß für eine solche, computergestützte Maut erwarten können - und nicht bloß solch eine altbackene Wapperl-Maut. Andererseits ist es Horst Seehofer ja stets gelungen, noch jede Wende zu vollziehen. Warum also nicht auch bei der Maut?

Der öffentliche Druck muss - siehe Haderthauer - nur groß genug sein; dann findet Seehofer für alles eine geschmeidige Lösung. Zu seiner Staatskanzleichefin stand er, solange der Schaden für die CSU noch überschaubar war. Auch der Schaden aus der Mautdebatte wird für Seehofer immer größer. Zeit also, um zu sagen: Zurück auf Los! Und: Bitte noch mal neu nachdenken!

© SZ vom 08.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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