Putins Mammutprojekt:Der Tunnel des Zaren

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Rollen künftig Autos durch einen gigantischen Tunnel zwischen zwei Kontinenten? Russlands Präsident will einen historischen Plan des letzten Zaren verwirklichen. Vor dem Bau des 103 Kilometer langen Beringtunnels schreckten selbst die Sowjets zurück.

Günther Fischer

Russland revitalisiert ein ambitioniertes Vorhaben: einen 103 Kilometer langen Tunnel zwischen Sibirien und Alaska - den Beringstraßentunnel. Dieser Tunnel wird zudem Teil eines 6.000 Kilometer langen transkontinentalen Eisenbahnkorridors, der Eurasien mit Amerika verbinden soll.

Der 103 Kilometer lange Beringtunnel soll von der russischen Region Tschukotka nach Alaska führen. Vorgesehen sind eine Bahnstrecke, eine Straße und eine Pipeline. (Foto: Karte: sueddeutsche.de)

Bereits Zar Nikolaus II. wollte dieses Mammutprojekt umsetzen - 38 Jahre nachdem sein Großvater Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft hatte. Doch er musste das Vorhaben, unter anderem durch den aufkeimenden Ersten Weltkrieg, ad acta legen. Angesichts leerer Staatskassen erlebte der Beringstraßentunnel auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lediglich ein kurzes Revival.

Monsterprojekt, Mammutpreis: 65 Milliarden Dollar Baukosten

Putins reich gewordenes Russland lässt sich nun aber von den auf 65 Milliarden Dollar (rund 47 Mrd. Euro) geschätzten Baukosten nicht länger schrecken und will das Projekt mit dem Namen "TKM-World-Link" in die Tat umsetzen. Nach Angaben aus dem russischen Wirtschaftsministerium sei eine Fertigstellung in den kommenden zehn bis 15 Jahren vorstellbar - so die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Der Tunnel soll in drei Abschnitten über zwei Inseln in der Beringstraße führen und würde doppelt so lang werden wie der Tunnel unter dem Ärmelkanal, der Frankreich mit Großbritannien verbindet. Neben einer Strecke für Hochgeschwindigkeitszüge sollen auch eine Autobahn sowie Pipelines in dem Tunnel Platz finden. Zudem seien Leitungen für Stromlieferungen sowie umfangreiche Datenleitungen eingeplant.

Doppelt so lang wie der Kanaltunnel - mit Bahnstrecke, Straße und Pipeline

Schätzungen zufolge könnten drei Prozent des globalen Frachtverkehrs künftig unter der Beringstraße hindurch befördert werden. Wie die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti mitteilt, könnte der Güterumsatz in der Endstufe rund 70 Millionen Tonnen im Jahr betragen. Zudem, so Novosti, soll mit dem Tunnel eine Verbindung zwischen den Wasserenergieressourcen des Fernen Ostens mit jenen im Nordwesten der USA eröffnet werden.

Umgesetzt werden soll das Megaprojekt in enger Kooperation zwischen Russland, den USA und Kanada. Laut Russlands Wirtschaftsminister Viktor Razbegin soll der Plan bereits kommende Woche den USA und Kanada vorgestellt werden. Wie die russische Tageszeitung Wedomosti berichtet, wollen die Teilnehmer der nächste Woche stattfindenden Konferenz "Megaprojekte in Ostrussland" zudem einen Appell zur Unterstützung des Tunnelprojekts an die Regierungen der drei Länder richten.

Zudem sollen private Investoren eine tragende Rolle einnehmen. Mit der russischen Bahngesellschaft und dem Pipeline-Betreiber Transneft hätten sich laut russischen Angaben bereits erste Interessenten gemeldet.

Japanische Unternehmen wollen den Tunnel graben

Schon melden sich aber auch Kritiker und Zweifler zu Wort. Bulat Stoljarow, Direktor des Instituts für russische Regionalpolitik, zweifelt laut RIA Nowosti an einer Umsetzung. Angesichts der bereits bestehenden Investmentprojekte bestehe "zumindest für die nächste Zeit kein ausreichendes Geschäftsinteresse". Die britische Times vermutet außerdem, dass selbst der Milliardär Roman Abramowitsch - immerhin Gouverneur der sibirischen Region Tschukotka, wo der Tunnelstich erfolgen soll - kaum Interesse an einem Investment haben dürfte.

Zustimmung kommt aber aus Alaska. Walter Joseph Hickel, der frühere Gouverneur von Alaska, beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema und übernimmt den stellvertretenden Vorsitz der nächste Woche stattfindenden Konferenz in Moskau.

Auch China werde begeistert sein, so Yevgeny Nadorshin, Chef-Volkswirt der Trust Investment Bank in Moskau: "Dieses Projekt ist zwar ein Monster", meint er, "aber die Chinesen suchen händeringend nach Transportmöglichkeiten und sind auch bereit, sie mitzufinanzieren. Wir selbst liefern außerdem Öl nach Alaska".

Japan und Korea haben ebenfalls starkes Interesse angemeldet. Japanische Unternehmen wollen außerdem den Tunnel bauen - für den Preis von 60 Millionen Dollar pro Kilometer.

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