Motorradmesse Eicma:Auf zwei Rädern aus der Krise

Lesezeit: 3 min

Neue Sportmaschine aus Italien: die Ducati 899 Panigale (Foto: Bloomberg)

Auf der Motorradmesse Eicma in Mailand zeigen viele neue Modelle, dass sich die Branche trotz aller Rückschläge noch nicht geschlagen gibt. Die italienischen Motorradbauer lassen sich bei ihrem Heimspiel von den Japanern überflügeln.

Von Thilo Kozik

Schon seit 2008 ist der weltweite Zweiradmarkt rückläufig, besonders das darbende Südeuropa verhagelt den Herstellern die Bilanzen. Die globale Zweiradkrise hat vor allem die japanischen Produzenten schwer getroffen, die das Ende der Misere schein-bar aussitzen wollten und eigene Entwicklungsaktivitäten auf ein Minimum zurückfuhren. Das führte dazu, dass sie von den anderen, vor allem europäischen Marken überholt wurden - technologisch und teilweise auch in den Verkaufszahlen. Mittlerweile hat in Japan jedoch ein Umdenken eingesetzt. Erste Ergebnisse sind derzeit auf der Mailänder Motorradmesse Eicma (noch bis 10. November) zu sehen.

Vor allem überrascht das Comeback von Yamaha. Nach dem gerade vorgestellten Dreizylinder-Naked-Bike MT-09 legte man jetzt mit der MT-07 nach. Der unverkleidete Roadster kommt mit einem neuen Reihen-Zweizylinder mit 689 Kubik, der vernünftige 75 PS und 68 Newtonmeter Drehmoment mit einem niedrigen Gewicht von fahrfertig 182 Kilo verknüpft. Der serienmäßig mit ABS versehene Allrounder kommt bereits im Frühjahr und lässt mit einem Preis von weniger als 6000 Euro aufhorchen. Für Klassikfreunde wird es wieder eine legendäre SR mit fein verripptem luftgekühltem Einzylinder geben: Die SR400 wird lediglich mit einer Einspritzanlage modernisiert, ansonsten bleibt das Retrobike dem Urtypus treu.

Für Fans klassischer Motorräder: Die Yamaha SR400 ist eine Maschine der alten Schule - optisch und technisch. (Foto: dpa-tmn)

Honda legt Schwerpunkt auf Mittelklasse

Honda als weltgrößter Zweiradhersteller fackelt geradezu ein Neuheiten-Feuerwerk in der erstarkenden Mittelklasse ab. Neben einer Überarbeitung der erfolgreichen NC-700-Baureihe legen die neuen Modelle CBR650F und CB650F mit 87 PS starkem Reihen-Vierzylinder die Messlatte in Sachen Fahrdynamik höher. Während die CBR den vollverkleideten Landstraßensportler mimt, kommt die CB als leichter, nackter Allrounder. Zur Mittelklasse zählt auch die Neuauflage der VFR800F, die nicht nur optisch verändert und mit Traktionskontrolle, ABS, Heizgriffen und selbstrückstellendem Blinker besser ausgestattet wurde, sondern auch zehn Kilo abgespeckt hat. Touring im US-Stil verspricht die neue, 84 PS starke CTX1300 mit V4-Motor, die im lässigen Bagger-Trimm mit guter Ausstattung inklusive Kardan, Combined-ABS, Traktionskontrolle, integrierten Koffern und Onboard-Audioanlage protzt.

Eine clevere Modellpolitik ließ BMW gut durch die Krise kommen, und das dürfte im kommenden Jahr so bleiben, denn die bayerischen Neuheiten haben's in sich: Die eingeschworene Fangemeinde des Luxustourers R1200RT darf sich auf den stärkeren Boxermotor mit 125 PS und 125 Nm Drehmoment aus der R1200GS freuen. Das gut ausgestattete Modell ist für 16 990 Euro zu haben. Neue Kunden haben die Münchner mit ihrem Roadster S1000R im Blick, der auf Basis des Vierzylinder-Supersportlers S1000RR mit innovativer Technik und brachialen 160 PS Leistung aufwarten kann. ASC, Race-ABS und zwei Fahrmodi sind serienmäßig, dazu gibt's optional unter anderem das semiaktive Fahrwerk DDC. Besonders interessant ist der Basispreis von 12 800 Euro.

Die nächste Generation der BMW R 1200 RT kommt im Frühjahr 2014 zu den Händlern. (Foto: dpa-tmn)

Bei Suzuki trifft Ende des Jahres die lang erwartete V-Strom 1000 ein. Die Reiseenduro mit Vau-Zwo-Motor, ABS und Traktionskontrolle positioniert sich leistungs- wie gewichtsmäßig zwischen den dicken Brummern wie der BMW R1200GS und der Mittelklasse wie Triumph Tiger 800.

Ducati präsentiert in Mailand ein neues Oberhaupt der Monster-Familie. Die 1200S wird von einen 1198-Testastretta-Motor aus der Superbike-Reihe angetrieben, das flüssigkeitsgekühlte Aggregat bringt die Dynamik von 145 PS in ein sportives Fahrwerk. Elektronische Hilfen wie Fahrmodi, ABS und Traktionskontrolle sollten dem trocken 182 kg leichten Roadster zu enormer Landstraßenperformance verhelfen. Italiens Edelmarke MV Agusta setzt dagegen mit der Turismo Veloce 800 den Weg in Richtung Mittelklasse und größerer Stückzahlen fort. Als Antrieb nutzt der Tourer den bekannten 800er-Dreizylinder mit 125 PS. Zahlreiche elektronische Schmankerl reichen bis zum GPS-Datenlogger und einem TFT-Display. Den Tourer gibt es in zwei Versionen: als nackte Basis mit Marzocchi-Fahrwerk und als Turismo Veloce Lusso, unter anderem mit hochwertigen Sachs-Federelementen.

KTM hat ein Herz für die Jugend, das haben die Österreicher schon bei der 125er-Duke bewiesen. Jetzt legen sie gleich dreifach nach: Im vollverkleideten Supersporttrimm treten die RC125, RC200 und RC390 an, die von Dohc-Einzylindermotoren mit Leistungen von 15 bis 44 PS befeuert werden. Das Fahrwerk ist von den Bremsen bis hin zu 17-Zoll-Reifen dem Renneinsatz angepasst, 125 und 300 verfügen zudem serienmäßig über ein ABS.

Triumph setzt auf Cruiser

Ganz anders stellt sich der dem Cruiser-Fieber verfallene Traditionshersteller Triumph auf. Gleich fünf neue Modelle bevölkern diese Familie, von denen außer der LT die Thunderbird Commander heraussticht. Ihr 1699-cm3-Motor ist der größte Parallel-Zweizylinder der Zweirad-Welt, der 94 PS und gewaltige 151 Newtonmeter Drehmoment mobilisiert. Trittbretter, der Triumph-typische Doppelscheinwerfer und viel Chrom machen das Prunkstück aus.

Eine riesengroße Überraschung waren die neuen Modelle von Harley-Davidson. Die Street 750 und 500 markieren die erste neue Baureihe seit 13 Jahren, beide kommen mit neuen, flüssigkeitsgekühlten Motoren. Erstmals werden die Modelle für Europa übrigens nicht in den USA, sondern in Indien produziert - die Krise macht eben auch Traditionalisten erfinderisch.

© SZ vom 09.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: