Italienischer Schnellzug:"Ferrari" auf Schienen

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Tempo und rotes Design - davon kann Ferrari-Chef Luca di Montezemolo einfach nicht lassen: Er gründete die private Bahngesellschaft Nuovo Trasporto Viaggiatori, um in Italien wieder schnell und pünktlich fahren zu können.

Günther Fischer

Rot, schnell und dynamisch - so präsentiert sich der neue Hochgeschwindigkeitszug AGV, den das private Bahnunternehmen Nuovo Trasporto Viaggiatori (NTV) von 2011an auf den Schienen Italiens einsetzen will. Wer dabei an Ferrari denkt, liegt nicht ganz falsch: Immerhin ist Luca di Montezemolo, Chef der luxuriösen Sportwagenmarke, auch der Gründer von NTV. Mit dem Milliardenprojekt sagt der Großindustrielle der staatlichen Bahngesellschaft Trenitalia den Kampf an - und auch die krisengebeutelte Alitalia muss um ihre Kunden fürchten.

Eine Hommage an Ferrari: die in Rot lackierten Schnellzug-Garnituren von NTV (Foto: Foto: NTV)

Reisen im Ferrari-Design

Für mehr als 650 Millionen Euro hat NTV beim französischen Konzern Alstom, dem Hersteller des TGV, 25 Garnituren des neuen Hochgeschwindigkeitszugs und TGV-Nachfolgers AGV bestellt. Sie sollen bis spätestens 2011 in Italien eingesetzt werden. Gemeinsam mit einem Vertrag über Wartungsarbeiten, der auf 30 Jahre angelegt ist, beläuft sich das Auftragsvolumen auf rund auf 1,5 Milliarden Euro. NTV ist damit der erste Konzern, der das neue Modell der Hochgeschwindigkeitszüge aus Frankreich in Auftrag gibt.

Mit seinem Design, das stark an die Ferrari-Boliden erinnert, soll der AGV künftig auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken Turin - Salerno, Rom - Venedig und Rom - Bari unterwegs sein und dabei Geschwindigkeiten von bis zu 360 km/h erreichen. In drei Stunden von Rom nach Mailand, in nur wenig mehr als einer Stunde von Rom nach Neapel - so will NTV Bahnreisende locken. Möglich macht das eine Reform des damaligen Transportministers Pier Luigi Bersani, der 2001 den Schienenverkehr für private Unternehmen öffnete.

Kurz darauf gündete Montezemolo gemeinsam mit anderen italienischen Großindustriellen NTV, wenig später stiegen weitere Investoren wie die Generali-Versicherung und die Bank Intesa Sanpaolo in das Projekt ein. Für die Befürworter der Liberalisierung hat der Einstieg von privaten Unternehmen klare Vorteile. Denn die staatliche Bahngesellschaft Trenitalia leidet unter schweren Imageschäden, Streiks und stundenlange Verspätungen sind an der Tagesordnung.

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Rot, schnell und dynamisch - so präsentiert sich der neue Hochgeschwindigkeitszug AGV, den das private Bahnunternehmen "Nuovo Trasporto Viaggiatori" (NTV) ab 2011 auf den Schienen Italiens einsetzen will.

Intesa-Sanpaolo-Geschäftsführer und NTV-Mitgründer Corrado Passera vergleicht die aktuelle Entwicklung mit der Öffnung des Telekommunikationsmarktes vor Jahren: "Auch damals haben die Öffnung des Marktes und die steigende Konkurrenz eine Verbesserung der Dienstleistungen und deutlich fallende Preise gebracht."

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Günther Fischer

Die bisher veröffentlichten Ticketpreise sprechen jedoch eine andere Sprache: Fahrscheine von Rom nach Mailand sollen 120 Euro kosten - mehr als jene der heutigen Intercity-Züge. Billiger als Fluglinien wie Alitalia, für die die Strecke Rom - Mailand die rentabelste Route in Italien darstellt, ist NTV damit allemal. Für die krisengeschüttelte Alitalia, die derzeit täglich über zwei Millionen Euro Verlust einfliegt, ist das neue Hochgeschwindigkeitsprojekt daher starke Konkurrenz.

Pikantes Detail am Rande: Die Bank Sanpaolo, die vom Staat beauftragt wurde, einen Rettungsplan für die Fluglinie zu entwerfen, ist gleichzeitig auch einer der größten Teilhaber an NTV.

Exklusives Design und weniger Schadstoffausstoß als ein Bus - "unsere Züge sind auf alle Bedürfnisse ausgerichtet, vom Studenten bis zum Touristen, für Geschäftsmänner oder für Familien", so Montezemolo. Noch nicht sicher ist, ob es neben der ersten und der zweiten Klasse auch eine dritte Billigklasse geben wird. "Mit uns wird das Reisen wieder zum Vergnügen", sagte Montezemolo auf der Pressekonferenz. Der neue AGV soll zudem laut Herstellerangaben 15 Prozent weniger Energie verbrauchen als ähnliche Züge.

Die Innenausstattung der AGV-Garniturn stammt vom italienischen Designer Giorgio Giugiaro. Weiter soll jeder der 490 Sitzplätze an Bord des Luxuszuges mit Fernsehschirm und Internetzugang, Stereoanlage und Minibar ausgestattet sein.

Bis 2015 will NTV in Italien einen Marktanteil von rund 20 Prozent erreichen, das wären zehn Millionen Reisende jährlich. Der neue AGV könnte bis zu 30.000 Personen täglich transportieren.

Die neuen Schnellzüge will Montezemolo als Beweis dafür sehen, dass Italien nicht nur für Müll und Mafia steht. "Das ist eine ganz und gar italienische Realität, in der sich Unternehmer und Banken zusammengetan haben, die an ein Projekt glauben. Es wird zur Entwicklung des Landes beitragen", so der Präsident.

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