Fiat Siena TetraFuel:Einer für alles

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Die steigenden Benzinpreise sind auch an Südamerika nicht spurlos vorübergegangen. In Brasilien bringt Fiat den Siena TetraFuel auf den Markt. Das weltweit erste Modell, das Benzin, Ethanol und Erdgas tanken kann.

Stefan Grundhoff

Es gibt Länder, die unter dem hohen Rohölpreis von rund 120 Dollar pro Barrel mehr leiden als Brasilien. Zwar wurde erst jüngst vor der Küste zwischen Satos und Rio de Janeiro eines der weltweit größten Erdölfelder gefunden, die Brasilianer setzen bei den PKW-Kraftstoffen aber seit Jahren auf Alkohol. Während in Deutschland allenfalls Ford, Saab und Volvo die so genannten Flexfuel-Modelle für eine variable Betankung von Benzin mit Bio-Ethanol zaghaft bewerben, ist man in Brasilien seit Mitte der 70er Jahre auf einem anderen Trip.

Fiat Siena: das weltweit erste Modell, das Benzin, Ethanol und Erdgas tanken kann. (Foto: Foto: Fiat)

Fiat ist Brasiliens Marktführer

Die damalige Militärregierung beschloss, Zuckerrohr zum alternativen Energieträger zu machen. In der Mitte des Landes befinden sich nordwestlich von Sao Paulo riesige Zuckerrohrplantagen. Von Mitte der 70er bis Ende der 80er Jahre gab es in Brasilien fast nur Ethanolfahrzeuge. In Zeiten knapper werdender Ressourcen steht der Saft des Zuckerrohrs nach einem Abschwung in den 90er Jahren wieder ganz oben.

Über 90 Prozent der Neufahrzeuge fahren im Land von Ronaldo und Pele nach dem Flexfuel-Prinzip. Das heißt: Egal was in den Tank hineinkommt, der Motor stellt sich automatisch darauf ein und fährt ungeachtet des Mischungsverhältnisses von Benzin und Ethanol.

Marktführer auf dem brasilianischen Automarkt ist seit Jahren Fiat mit einem Marktanteil von über 25 Prozent. In Belo Horizonte steht daher auch das weltweit größte Fiat-Werk. Jährlich laufen hier mehr als 800.000 Fahrzeuge vom Band. Bestseller in Südamerika ist das Geschwisterpaar Fiat Palio und Siena. Auf Platz zwei der Zulassungsstatistik rangiert VW. Die Deutschen sind mit dem kleinen VW Gol und dem alten T2-Bus aus den 70er ebenfalls überaus erfolgreich unterwegs sind.

Seit 2003 auf dem südamerikanischen Markt die Flexfuel-Modelle Einzug gehalten haben, bringen Hersteller wie Fiat, Ford, VW oder Renault gar keine anderen Fahrzeuge mehr auf den Markt.

Die beiden Erdgas-Zusatztanks mit einer Füllmenge von 13 Kubikmetern reduzieren den Kofferraum des Siena um rund ein Viertel auf 380 Liter. (Foto: Foto: Pressinform)

Die Gesamtreichweite des Siena: bis zu 800 Kilometer

Doch Fiat geht mit dem neuen Siena 1.4 TetraFuel einen Schritt weiter. Während in unseren Breiten Hersteller wie Mercedes oder Opel an Antriebskonzepten wie dem Diesotto arbeiten, ist der 4,15 Meter lange Fiat Siena TetraFuel das erste Fahrzeug, das in beliebiger Mischung Benzin, Ethanol oder gar Erdgas fahren kann. Von außen deutet außer dem "TetraFuel-Schriftzug" am Heck nichts auf das innovative Antriebskonzept hin. Auch im Innenraum gibt es keine Schalter oder Bedieneinheiten, die den Fahrer zwischen den verschiedenen Kraftstoffarten wählen lassen.

Eine Motorelektronik aus dem Hause Magneti Marelli unterscheidet automatisch, welche Kraftstoffmischung gerade verwendet wird. Im Normalbetrieb ist der Siena 1.4 TetraFuel mit Erdgas unterwegs. Die beiden Zusatztanks mit einer Füllmenge von 13 Kubikmetern reduzieren den Kofferraum der Stufenhecklimousine um rund ein Viertel auf 380 Liter. Der an sich 59 kW / 80 PS starke 1,4 Liter Motor leistet im Gasbetrieb nur noch 68 PS. Beschleunigt der Fahrer infolge eines Überholvorgangs oder verlangt er dem Motor an einer Steigung mehr Leistung ab, stellt der Motor automatisch und ohne irgendwelche Rückmeldungen auf die Versorgung mit Benzin oder Ethanol um.

Der 1,2 Tonnen schwer Fronttriebler beschleunigt mit rund 120 Nm Drehmoment allemal flott. Die Höchstgeschwindigkeit liegt je nach Betriebsart zwischen 153 und 165 km/h. Beeindruckend zeigt sich die Reichweite. Schließlich fasst der normale Kraftstofftank 48 Liter. Unter dem Strich steht so eine Gesamtreichweite von bis zu 800 Kilometern. Während der normale Fiat Siena 1.4 Flex umgerechnet 15.000 Euro kostet, so liegt der Preis des TetraFuel-Modells bei 18.400 Euro.

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Günstig ist das ganze auch. Während Benzin in Brasilien umgerechnet zwischen 0,90 und 1,20 Euro pro Liter kostet, liegt Ethanol bei gerade einmal der Hälfte. Erdgas ist ähnlich günstig. "So reduzieren sich die Kraftstoffkosten mit dem neuen Fiat Siena TetraFuel um mehr 40 Prozent", so Joao Irineu Medeiros, bei Fiat-Power-Train Lateinamerika zuständig für die Entwicklung der Triebwerke.

Der neue Siena TetraFuel ist so auch das erste Auto, mit dem man durch ganz Südamerika fahren kann, ohne sich um die Kraftstoffe kümmern zu müssen. Anders als in Europa unterscheiden sich die länderspezifischen Tankstellennetze von Ethanol, Benzin und Erdgas gewaltig. Dieseltriebwerke spielen nur für Nutzfahrzeuge eine Rolle.

Für Europa nicht wirklich geeignet

In Brasilien ist das Benzin immer mit einem Anteil von 22 bis 25 Prozent mit Ethanol versetzt. Seitdem die Kraftstoffkosten explodiert sind, tanken in dem mächtigen Flächenstaat die meisten jedoch ausschließlich zu 100 Prozent den organischen Alkohol.

Die jüngst aufkommende Kritik aus Europa in Bezug auf die Verwendung von Bio-Kraftstoffen können die Brasilianer nicht verstehen. "Wir bauen hier gerade einmal auf einer Landfläche von einem Prozent Zuckerrohr an", so Marcos S. Jank, Präsident der brasilianischen Zuckerrohr Vereinigung, "und wer meint, dass der tropische Regenwald leiden muss, lügt. Der Regenwald liegt zwischen 2000 und 2500 Kilometer weiter nördlich.

Mit einer Zuckerrohranbaufläche von einem Prozent des Landes konnten die Brasilianer ihren Ölanteil am PKW-Kraftstoff um fast 50 Prozent reduzieren. Davon können die Europäer bislang nur träumen. Hier fehlt es nicht nur an die nötigen Flächen, sondern auch an der Sonneneinstrahlung. So gibt es derzeit bei Fiat auch keine Planungen, ein TetraFuel-Modell nach Europa zu bringen.

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