Chinesische Automarke "Rote Fahne":Modell H7 ohne Spucknapf

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Luxus auf Chinesisch: Ein H7-Modell der Marke "Rote Fahne", im Fertigungswerk in der nordöstlichen Stadt Changchun (Foto: Imago Stock&People)

KP-Chef Xi Jinping las seinen Kadern die Leviten, Chinas Außenminister Wang Yi folgt diesem Aufruf nun als erster Minister. Ab sofort fährt er "Rote Fahne", ein Luxusauto aus heimischer Produktion. Mit der traditionsreichen Marke will Peking deutsche Marken verdrängen. Besonders für einen Autohersteller ist das eine schlechte Nachricht.

Von Kai Strittmatter, Peking

Mao Zedong mochte seinen beige, Deng Xiaoping stieg später um auf sandfarben, beide ließen einen Spucknapf einbauen. Der Wagen ist, findet der Staatssender CCTV, der "Stolz Chinas". Auf jeden Fall ist der Hongqi - die "Rote Fahne" - seit Maos Zeiten die berühmteste Limousine des Landes, wenn es auch eine Untertreibung wäre zu sagen, der Ruhm habe Patina angesetzt: Eigentlich war die Luxus-Marke mausetot. Da half es auch nicht, dass die Staatsführer stets in einer "Roten Fahne" die Truppenparade abnahmen. Als Präsident Hu Jintao dies 2009 tat, im Modell HQE, da schwärmte Produktionschef Guo Shijun von einer gelungenen Fusion von Tradition und Moderne: Der Kühlergrill habe "die Form eines Fächers", das Rücklicht gleiche "einer Palastlaterne", gleichzeitig strahle das Auto "den Geist von Innovation" aus - tatsächlich schien der Wagen aus der Zeit des Schwarz-Weiß-Fernsehens zu stammen.

Seit 1958 wird der Hongqi hergestellt, er war das erste Auto aus heimischer Produktion. Doch 2011 verkaufte der Hersteller First Automobile Works gerade noch zwei Exemplare. In Ziffern: 2. Im letzten Jahr waren es dann 127. Tolle Wachstumsrate, aber nicht gerade eine Garantie fürs Überleben. Kommt die jetzt? Die Nachricht der Woche: Außenminister Wang Yi fährt von nun an "Rote Fahne" und folgt so als erster Minister dem Aufruf von KP-Chef Xi Jinping, der seinen Kadern die Leviten gelesen hatte. Sie sollten die Finger von ausländischen Autos lassen. "Nehmt heimische Autos", sagte Xi. Alles andere mache "schlechten Eindruck".

Audi ist Kaderkutsche Nummer eins

Sollte das Beispiel Schule machen, es wäre keine gute Nachricht für die ausländischen Hersteller, die im Moment acht von zehn Regierungswagen liefern - allen voran eine deutsche Firma: Mit Abstand beliebteste Kaderkutsche ist Audi. Jedes Jahr, wenn in Peking der Volkskongress tagt, ist der vielleicht beeindruckendste Anblick der des Parkplatzes der Delegierten: ein Meer schwarzer Audis mit blickdichten Scheiben. Der Markt ist riesig, Schätzungen zufolge gaben staatliche Stellen im vergangenen Jahr zwischen 13 und 16 Milliarden Dollar für Dienstwagen aus, die von den Beamten dann auch gerne privat spazieren gefahren werden.

Das neue, ministrable "Rote Fahne"-Modell heißt H7, kommt mit Fernsehempfang und Audioanlage von Bose (13 Lautsprecher) und ist billiger als etwa ein Audi A6. Trotzdem: Als das Außenministerium die Anschaffung auf dem Mikrobloggingdienst Weibo bekannt gab, waren die Kommentare vorwiegend skeptisch. "Wollen uns die Beamten nun zeigen, wie patriotisch sie sind? Während sie weiter der Korruption frönen?", schrieb ein Nutzer. Ein anderer: "Schaut nicht darauf, welches Auto ein Beamter fährt - schaut darauf, welches sein Sohn fährt."

Eine Konkurrenz zu Audi, BMW oder Mercedes auf dem freien Markt erwarten nicht einmal chinesische Beobachter. "Chinas Automarkt ist wie ein Dschungel voller wilder Tiere", sagte schon im Mai der Marktexperte Cao He der Agentur Bloomberg. Die "Rote Fahne" hingegen sei "wie ein zahmer Panda, der in künstlich geschaffener Umwelt großgezogen wurde. Sie wird nicht überleben ohne die härteste Art von DNA im Blut." Außer sie bekommt ein staatlich geschütztes Reservat.

© SZ vom 19.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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