Zukunftspreis 2008:Bewegungsmelder aus Schwaben

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Bosch fertigt aus Silizium winzige Sensoren, mit deren Hilfe Geräte auf Gesten ihrer Benutzer reagieren.

Digitalkameras, die die Anzeige am Bildschirm drehen, wenn man das Gerät bewegt, Laptop-Festplatten, die sich bei einem Sturz von selbst abschalten - nichts davon würde funktionieren ohne Sensoren, die auf Bewegung reagieren.

Auf Siliziumscheiben werden bei der Oberflächen-Mikromechanik Schichten aus polykristallinem Silizium aufgebracht. (Foto: Foto: dpa)

Dass solche mikromechanischen Bauteile mittlerweile kaum noch so groß sind wie ein Reiskorn und kostengünstig in hohen Stückzahlen hergestellt werden können, ist das Verdienst von drei Bosch-Forschern.

Der Konzern ist seit längerem Marktführer für mikromechanische Sensoren in der Automobiltechnik. Die Messfühler, die zum Beispiel Airbags auslösen, wären allerdings für Festplatten, Handys oder Kameras nicht geeignet: zu groß, zu teuer, zu stromhungrig.

Doch dann kam 2003 die Anfrage eines großen Handyherstellers, und plötzlich wurde klar, welch riesiger Markt sich da auftat: "Da wurden wir nachdenklich", erzählt Michael Offenberg, einer der Nominierten für den Zukunftspreis.

Früher waren Miniatursensoren aus Siliziumscheiben herausgeätzt worden - demselbem Material, aus dem auch Computerchips hergestellt werden. Abmessungen von nur einigen Mikrometern, wie sie für Handys, MP3-Spieler und andere Geräte der Unterhaltungselektronik gebraucht werden, wären damit aber nicht möglich gewesen.

Die Gruppe verfeinerte daher eine andere Möglichkeit. Auf Siliziumscheiben werden bei der Oberflächen-Mikromechanik Schichten aus polykristallinem Silizium aufgebracht. Mit einem neu entwickelten Verfahren lassen sich in diese Schicht tiefe und exakt senkrechte Gräben ätzen. Mit heißem Gas wird schließlich noch die sogenannte Opferschicht entfernt, die unter den Bauteilen liegt. Winzige, wenige Mikrometer große Federn, Massen, Biegebalken und andere mechanischen Teile entstehen so, die nun in kleinste Schaltungen eingebaut werden können.

Dem Team in Reutlingen ist es mit ihrer aus der Chipherstellung entlehnten Technik sogar gelungen, Hohlräume so kontrolliert zu erzeugen, dass man sie als Sensoren zur Messungen von Druck verwenden kann. Sie erlauben eine bislang nicht erreichte Genauigkeit für Navigationsgeräte, die auch in Gebäuden bis auf 25 Zentimeter genau die Höhe bestimmen können.

Sensoren in Sportkleidung überwachen und analysieren die Bewegungsabläufe von Athleten. Manche der Mini-Bauteile enthalten eine Art Weckfunktion. Kommt es beispielsweise zu einer Erschütterung, auf die sie reagieren sollten, "erwachen" sie und melden das Ergebnis weiter. In der Zwischenzeit verbrauchen sie aber kaum Strom und schonen damit die Batterien, die in Handys und anderen mobilen Geräten noch immer ein limitierender Faktor sind.

Bosch hat den Bereich mikromechanische Sensoren ausgegliedert in die Tochterfirma Bosch Sensortec. Im baden-württembergischen Reutlingen wird derzeit eine neue Fertigungsanlage errichtet.

© SZ vom 03.12.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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