WHO-Bericht:Patienten fünfter Klasse

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Die Qualität der Gesundheitsversorgung klafft weltweit immer weiter auseinander. Viele Systeme sind ungerecht, unkoordiniert und ineffektiv, warnt die Weltgesundheitsorganisation.

Werner Bartens

Angesichts der weltweiten Finanzkrise geraten andere existenzielle Probleme in den Hintergrund - der Welthunger oder die schlechte Gesundheitsversorgung in vielen Regionen der Erde.

In einem Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi werden 254 von 1000 Kindern keine fünf Jahre alt. (Foto: Foto: AP)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat daher die Regierungen zu Reformen ihrer maroden Gesundheitssysteme aufgefordert. Viele Systeme seien ungerecht, unkoordiniert und ineffektiv, kritisierte die Organisation diese Woche in einem Bericht.

Ohne politische Unterstützung wären viele Länder mit der drohenden Zunahme chronischer Krankheiten wie Herzschwäche, Krebs, Diabetes und Asthma überfordert. "Eine Welt, die in der Gesundheitsversorgung aus dem Gleichgewicht gerät, ist weder stabil noch sicher", warnte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan.

Das Vertrauen der Menschen in ihr Gesundheitswesen schwinde, so die WHO. Das sei eine Bedrohung für die soziale Stabilität der Länder. Nötig seien daher politische Reformen, um mit den Grundproblemen des 21. Jahrhunderts fertig zu werden: der weltweiten Zunahme ungesunder Lebensweisen, dem rasanten Wachstum der Städte und der Überalterung der Bevölkerung.

Die Unterschiede in der Lebenserwartung nehmen nach dem WHO-Bericht weiter zu: Im Durchschnitt werden die Menschen in wohlhabenden Ländern heute 40 Jahre älter als in armen Staaten. Von den etwa 136 Millionen Schwangeren erhalten in diesem Jahr laut WHO weniger als die Hälfte medizinische Hilfe.

Etwa 100 Millionen Menschen würden durch die Ausgaben für medizinische Behandlungen jährlich in Armut gestürzt, heißt es in dem Bericht weiter. Die Summen, die für Gesundheit bereitstehen, sind sehr unterschiedlich. So geben manche Regierungen nur 20 Dollar pro Jahr und Kopf für die Gesundheit ihrer Bürger aus, während es in den Industrienationen bis zu 6000 Dollar sind.

Ungleichheiten gibt es aber nicht nur zwischen den Nationen. In der kenianischen Hauptstadt Nairobi sterben in den wohlhabenden Stadtvierteln 15 von 1000 Kindern unter fünf Jahren. In einem Slum der Stadt hingegen werden 254 von 1000 Kindern keine fünf Jahre alt.

Die WHO kritisierte die Organisation der Gesundheitsversorgung in reichen wie in armen Ländern.Dabei könnten mehr als die Hälfte der Krankheiten durch einfache Maßnahmen verhindert werden. In vielen Ländern fehle es aber an sauberem Wasser, sanitären Anlagen, Impfungen und gesunder Ernährung.

Als positives Beispiel nannte die WHO das System der Polikliniken auf Kuba. Die dortige Lebenserwartung von 78 Jahren sei die höchste unter den Entwicklungsländern und damit fast so hoch wie in reichen Ländern.

© SZ vom 16.10.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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